Ballspiel mit Atomen: Physiker haben erstmals Atome mithilfe von Licht geworfen und wieder aufgefangen – statt sie wie sonst üblich den ganzen Weg mittels Laserpinzetten zu tragen. Stattdessen nutzen die Forscher die optischen Pinzetten als Werfer und Fänger in ihrem atomaren Ballspiel. Dieser neuartige Transport von Atomen durch Licht könnte das Anordnen und Bewegen atomarer Bauteile erleichtern und auch in der Quantenkommunikation und bei Quantencomputern Anwendung finden.
Licht beeinflusst Materie auf vielfältige Weise: Es kann Atome anregen und Elektronen aus ihrer Hülle katapultieren, Objekte durch seinen Strahlungsdruck vorwärtsbewegen oder Teilchen in „Lichtkäfigen“ einfangen. In den 1980er Jahren entwickelte der US-Physiker Arthur Ashkin zudem die Laserpinzette. Er entdeckte, dass fokussierte Laserstrahlen Atome festhalten und transportieren können – wie in einem „Traktorstrahl“ aus Licht. Heute sind solche optischen Pinzetten für Nanotechnologie, Quantenphysik oder Biomedizin nahezu unverzichtbar.
Allerdings haben die gängigen Laserpinzetten auch einige Nachteile: Beim Bewegen von Atomen dürfen sie sich nicht in die Quere kommen und der Transport geht sehr langsam vonstatten. Gerade in quantenphysikalischen Anwendungen schränkt dies ihre Anwendungsmöglichkeiten ein.
Werfen statt tragen
Abhilfe schafft nun eine ganz neue Variante der lasergestützten Atomtransports: das gezielte Werfen. Dabei bleiben die Atome während des Transports nicht in „ihrer“ Laserpinzette gefangen, sondern werden aus ihr herauskatapultiert und dann am Zielort von einer zweiten Laserpinzette wieder eingefangen. „Die frei fliegenden Atome bewegen sich dabei von einem Platz zum anderen, ohne unterwegs mit einer optischen Falle zu interagieren“, erklärt Seniorautor Jaewook Ahn vom Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST).
Für das atomare Ballspiel nutzen die Forscher bis auf 40 Kelvin heruntergekühlte Rubidiumatome als „Bälle“ und halten diese in optischen Pinzetten fest. Statt sie dann mit dem Laserstrahl zu transportieren, erhöhen die Physiker die Energie der „Werfer“-Pinzette, um das Atom in immer stärkere Schwingungen zu versetzen. Dann schalten sie den Laser so ab, dass das Atom in der gewünschten Richtung aus der Falle herauskatapultiert wird. Zeitgleich wird eine zweite Laserpinzette angeschaltet, die als „Fänger“ fungiert.
„Mit anderen Worten: Das Atom wird zwischen zwei optischen Fallen hin und hergeworfen wie ein Ball zwischen Werfer und Fänger bei einem Ballspiel“, erklärt Ahn.
Fangquote von 94 Prozent
Im Experiment gelang es dem Team, die Rubidiumatome über mehr als zwölf Mikrometer Entfernung hinweg zu werfen und wieder aufzufangen. Dies ist das erste Mal, dass Atome gezielt von einer optischen Falle zur anderen katapultiert worden sind, wie die Physiker berichten. Die frei fliegenden Atome bewegten sich dabei mit rund 65 Zentimeter pro Sekunde – deutlich schneller als beim geleiteten Transport in der Laserpinzette.
Noch wichtiger jedoch: Bis zu 94 Prozent aller geworfenen Atome kamen an ihrem Ziel an. „Diese Transporteffizienz blieb sogar dann erhalten, wenn andere optische Pinzetten auf der Route lagen“, berichten Ahn und seine Kollegen. Sie haben ihr atomares „Ballspiel“ bereits erfolgreich genutzt, um eine vorgegebene Anordnung von Atomen zu erzeugen oder ein Atom in ein freies Loch in einem Atomgitter zu werfen.
Nützlich für Qubits, Teilchenschleudern und Atomkonstrukte
Nach Ansicht der Physiker hat die Methode des Atomwerfens viele praktisch nutzbare Vorteile. Sie kann beispielsweise dazu dienen, komplexe Atomanordnungen störungsfreier und schneller als bisher zu konstruieren. „Die fliegenden Atome würden aber auch ganz neue Arten von dynamischen Quantencomputern ermöglichen, in denen die Qubits ihre Positionen flexibler wechseln“, erklärt Ahn. Dadurch könnten beispielsweise logische Gatter einfacher an die Erfordernisse angepasst werden.
Die Laserpinzetten könnte aber auch als winzige Teilchenbeschleuniger genutzt werden, um einzelne Atome oder andere nicht geladene Teilchen miteinander kollidieren zu lassen. „Das eröffnet ein ganz neues Feld der Atom-für-Atom-Chemie“, so Ahn. (Optica, 2023; doi: 10.1364/OPTICA.480535)
Quelle: Optica