Elementarer Exot: Vor 111 Jahren war Quecksilber das erste Material, bei dem die Supraleitung nachgewiesen wurde. Doch warum dieses Metall beim Abkühlen plötzlich Elektronen reibungsfrei leiten kann, blieb bis heute ungeklärt. Jetzt haben Physiker das Geheimnis des supraleitenden Quecksilbers gelüftet. Demnach ist das Schwermetall zwar ein konventioneller Supraleiter, aber relativistische Effekte bewirken ein anomales Verhalten seiner Elektronen und der Schwingungen im Atomgitter.

Quecksilber ist ein echter Sonderling: Es ist das einzige Metall, das bei Raumtemperatur flüssig ist. Ursache dafür sind die besonders schweren, neutronenreichen Atomkerne dieses Elements. Sie verleihen dem silbrigen Schwermetall selbst im flüssigem Zustand eine so hohe Dichte, dass sogar ein Eisenstück in Quecksilber schwimmt. Zusätzlich kreisen die 80 Elektronen des Quecksilbers mit so hoher Geschwindigkeit um den schweren Kern, dass es zu relativistischen Effekten kommt. Diese verhindern das Auskristallisieren des Metalls und halten es länger als normal flüssig.
Wie Quecksilber zum ersten Supraleiter wurde
Dieser Exot unter den Metallen war vor 111 Jahren das erste Material, bei dem der Physiker Heike Kamerlingh Onnes eine Supraleitung nachgewiesen hat: Als er im Jahr 1911 Quecksilber mithilfe von flüssigem Helium herunterkühlte, stellte er Überraschendes fest: Unterhalb von 4,15 Kelvin verlor das normalerweise nur schlecht leitende Schwermetall plötzlich jeden elektrischen Widerstand. Er hatte den ersten Supraleiter entdeckt. Doch warum Quecksilber und andere Metalle supraleitend werden können, blieb lange ungeklärt.
Erst fast 50 Jahre später fanden John Bardeen, Leon Neil Cooper und John Robert Schrieffer eine theoretische Erklärung für die klassische Supraleitung bei Metallen. Gemäß dieser BCS-Theorie geben die Elektronen des Metalls beim Abkühlen Energie ab, die zu speziellen Gitterschwingungen, sogenannten Phononen, führt. Dies wiederum ermöglicht die Bildung von Cooper-Paaren – Elektronen-Paaren mit gleichem Spin, die sich dank quantenmechanischer Mechanismen verlustfrei im Metall bewegen können.