Überraschende Erkenntnis: Der als selten und exotisch geltende Zustand der elektronischen Topologie ist in Materialien nahezu allgegenwärtig, wie eine Studie enthüllt. 90 Prozent aller kristallinen Feststoffe haben demnach mindestens einen topologischen Zustand ihrer Elektronen – ihre Leitfähigkeit, ihr Spin und andere elektronische Merkmale sind gegenüber äußeren Störeinflüssen stabil. Diese Erkenntnis ist für viele elektronische und quantenphysikalische Anwendungen bedeutsam, so das Team in „Science“.
In der Mathematik beschreibt die Topologie die unveränderlichen Eigenschaften von geometrischen Objekten: Ein Ring behält auch bei Verzerrung, Dehnung oder Drehung immer genau ein Loch, eine Acht hat hingegen immer zwei Löcher – egal wie sie manipuliert wird.
Das Phänomen der elektronischen Topologie
Dieses Konzept lässt sich auch auf die elektronischen Eigenschaften von kristallinen Feststoffen übertragen: Unter bestimmten Umständen treten in ihnen Wechselwirkungen von Kristallstruktur und Elektronen auf, die zu exotischen und gleichzeitig robusten Zuständen führen, darunter Supraleitung, Suprafluidität, aber auch zu topologischen Isolatoren – Feststoffen, die in ihrem Inneren nichtleitend sind, aber an ihrer Oberfläche und an den Kanten Strom leiten.
Lange galten solche topologischen elektronischen Zustände als Ausnahme und eher exotisch. Doch 2019 entdeckte ein Forschungsteam, dass immerhin ein Viertel aller Materialien topologisch sein könnten. Allerdings umfasste ihre Studie nur einen Teil der bekannten Feststoffe. Einen Schritt weiter sind nun Maia Vergniory vom Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden und ihre Kollegen gegangen: Sie haben nach topologischen Zuständen in den elektronischen Strukturen aller 96.196 in der „Inorganic Crystal Structural Database“ erfassten Kristalle gesucht.