Physik

Metamaterial als Terahertz-Booster

Quanteneffekt erhöhte Frequenz von Gigahertzwellen zu Terahertzstrahlung

Frequenzwandler
Frequenzsteigerung: Ein langwelligerer Gigahertz-Puls (rot) trifft auf das Metamaterial und wird in Terahertz-Wellen mit dem Vielfachen der Eingangsfrequenz umgewandelt (gelb). © WERKSTATT X / HZDR

Wandler für die Terahertz-Ära: Ein speziell strukturiertes Metamaterial hat sich als effiziente Quelle von Terahertzstrahlung erwiesen. Es kann die Frequenz von eingehenden Gigahertzwellen vervielfachen und so die höherfrequente Terahertzstrahlung erzeugen. Dank eines Quanteneffekts ist dieser Frequenzvervielfacher effizienter als bisherige Technologien, wie Forschende berichten. Das Metamaterial könnte den Weg zu Terahertz-Generatoren in Chipgröße ebnen und die 6G-Technologie voranbringen.

Terahertzstrahlung gilt als besonders vielversprechender Frequenzbereich der elektromagnetischen Wellen. Denn die zwischen Mikrowellen und Infrarot liegende Strahlung kann viele gängige Materialien zerstörungsfrei durchdringen, weshalb sie in Flughafen-Scannern, für Materialtests oder den Blick in geschlossene Bücher eingesetzt wird. Weil ihre Taktraten tausendfach höher sind als beim gängigen Gigahertz-Mobilfunk ermöglicht sie zudem einen schnelleren Datentransfer und könnte eine Basis für 6G-Mobilfunknetze bieten.

Das Problem jedoch: Um die begehrte Strahlung zu produzieren, ist bisher aufwendige Technik nötig.
Viele Systeme lassen sich nur in speziellen Laboren und in Kombination mit Hochleistungslasern nutzen. Hinzu kommt: „Für neue optoelektronische Bauteile müssen wir erst herausfinden, welche Materialien und Methoden sich überhaupt eignen“, erläutert Seniorautor Sergey Kovalev vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR).

Quellen für Terahertzstrahlung gesucht

Eine Möglichkeit, den Aufwand zu verringern, wären Frequenzwandler – Materialien, die die Frequenz von Gigahertzstrahlung der gängigen Telekommunikationstechnik so erhöhen, dass daraus die kürzerwellige Terahertzstrahlung wird. Eine solche Frequenzvervielfachung kann durch eine spezielle Form der nichtlinearen Wechselwirkungen erfolgen, wie sie bei Graphen oder maßgeschneiderten Metamaterialien auftritt.

Dabei kommt es durch Reaktion der Elektronen auf den eingehenden Strahlenpuls zu einem Resonanzeffekt, durch den sich das Material wie ein harmonischer Oszillator verhält. Das starke elektrische Feld des Gigahertz-Pulses beschleunigt die freien Elektronen im Material, die dadurch ihrerseits Strahlenpulse bei höheren Frequenzen aussenden. Im Falle von Graphen funktioniert diese Frequenzumwandlung aber nur kurz:

„Wir haben gesehen, dass Graphen bei hohen Intensitäten an eine Grenze stößt“, erläutert Kovalevs Kollege Jan-Christoph Deinert. Denn durch den Strahlenpuls heizt sich die einlagige Kohlenstoffschicht sofort auf mehrere tausend Grad Celsius auf und verliert dadurch die Fähigkeit zu Absorption der Gigahertzstrahlung.

Metamaterial als Frequenzwandler

Eine effizientere und stabilere Alternative haben nun Kovalev und sein Team in Form eines maßgeschneiderten Metamaterials gefunden. Seine Basis bildet ein gut 100 Nanometer dünner Kristall aus Bismut-Selenid (Bi2Se3), einem Material, das zu den sogenannten topologischen Isolatoren gehört. Bei solchen Materialien ist das Innere des Kristalls nichtleitend, während sich Elektronen auf der Oberfläche frei bewegen und Strom leiten können.

Um aus diesem Kristall ein frequenzvervielfachendes Metamaterial zu machen, dampften die Forscher auf einen Teil der Oberfläche ein ultrafeines Gitter aus Goldlamellen auf. „Dieses Metallgitter verstärkt die elektrischen Felder in seinen Lücken, ohne dass zu viel aktive Oberfläche verloren geht“, erklärt das Team. Wie kleine Antennen fangen die Goldlamellen die eintreffende Gigahertzstrahlung ein und verstärken die von ihr erzeugte Anregung der Elektronen.

Umwandlung effizienter und stabiler als beim Graphen

Im Test bestrahlten Kovalev und sein Team dieses Metamaterial mit Strahlenpulsen einer Frequenz von 500 Gigahertz und der Leistung von 75 Milliwatt. Als Reaktion strahlte der mit Goldlamellen besetzte Kristall einen Teil der eingegangenen Strahlung mit erhöhter Frequenz wieder ab. „Die Probe erzeugte rund 0,5 Milliwatt an Terahertzstrahlung, das entspricht einer Feldkonversionseffizienz von rund acht Prozent“, wie die Physiker berichten. „Das ist eine Verbesserung um mehrere Größenordnungen gegenüber dem Graphen.“

Anders als beim Graphen blieb die Konversion beim Bismutselenid-Metamaterial zudem stabil: Die Frequenzvervielfachung hielt die gesamte Dauer des eingehenden Strahlungspulses an, wie die Forschenden feststellten. Der Grund dafür: Weil das Innere des Kristalls als Isolator fungiert, wird es nicht mit angeregt und kann die entstehende Hitze schnell ableiten. Dadurch heizt sich das Material weniger stark auf als das einlagige Graphen und behält seine Fähigkeit, Gigahertzstrahlung zu absorbieren und umzuwandeln.

Es gibt noch mehr davon

„Das System ist selbst bei Raumtemperatur außerordentlich effizient. Und wir haben die Grenze noch nicht erreicht: Vermutlich können wir die Leistung für höhere Intensitäten sogar noch weiter steigern“, sagt Koautor Georgy Astakhov vom HZDR. Als nächstes plant das Team, den Metamaterial-Prototypen weiter zu optimieren. Zudem wollen die Physiker untersuchen, bis zu welcher Strahlungsintensität der Prozess funktioniert oder ob sich Graphen und topologische Isolatoren funktionell kombinieren lassen.

Die Forscher vermuten, dass sich auch andere topologische Isolatoren als Frequenzwandler für die Erzeugung von Terahertzstrahlung aus Gigahertzwellen eignen könnten. Solche Metamaterialien könnten den Weg zu miniaturisierten, effizienten Terahertzquellen ebnen – und so beispielsweise neue Technologien der Datenübertragung und des Mobilfunks ermöglichen. (Light: Science & Applications, 2022; doi: 10.1038/s41377-022-01008-y)

Quelle: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

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