Einstein behält recht: Eine Tonne Blei und eine Tonne Federn reagieren nicht nur gleich auf die Schwerkraft – auch ihre aktive und passive Gravitationswirkung sind äquivalent. Dieses von Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagte Äquivalenzprinzip haben Physiker nun erneut bestätigt und präzisiert. Grundlage ihrer Berechnungen waren Lasermessungen des Abstands zwischen Mond und Erde. Sie bestätigen die Äquivalenz von aktiver und passiver Masse bis auf 14 Nachkommastellen genau.
Galileo Galilei beobachtete es, Isaac Newton formulierte es aus und Albert Einstein machte es zu einem Grundpfeiler seiner Allgemeinen Relativitätstheorie: das Äquivalenzprinzip. Nach diesem wirkt die Gravitation auf alle Objekte gleich – unabhängig von ihrer Zusammensetzung. Doch obwohl das Einsteinsche Äquivalenzprinzip bisher alle Tests bestanden hat, passt es nicht zu grundlegenden Vorgaben der Quantenphysik. Denn nach dieser dürften die träge Masse, die von der Reaktion auf die Gravition bestimmte schwere Masse und die aktiv selbst Gravitationskräfte ausübende anziehende Masse eigentlich nicht gleich sein.
Diese Unvereinbarkeit zwischen der klassischen Gravitationsphysik und der modernen Quantentheorie ist der Grund, warum Physiker immer genauere Tests des Äquivalenzprinzips durchführen. Die Gleichheit von träger und schwerer Masse hat das Mikrosatelliten-Experiment MICROSCOPE im Jahr 2022 mit einer Präzision von 10-15 bestätigt. Bei der Gleichheit von schwerer und aktiv anziehender Masse lag das Limit bisher bei 10-12.
Mondkruste und Laser-Ranging als Messhelfer
Jetzt hat ein Physikerteam um Vishwa Vijay Singh von der Leibniz Universität Hannover nachgelegt und die Äquivalenz der Gravitationseffekte von aktiver und passiver Masse genauer gemessen als je zuvor. Möglich wurde dies mithilfe der Daten des Lunar Laser Ranging, über das seit 1970 der Abstand von Mond und Erde millimetergenau gemessen werden kann. Dafür werden von den Apollo-Astronauten auf dem Mond deponierte Spiegel mit einem starken Laser anvisiert. Die Laufzeit der reflektierten Strahlen verrät den Mondabstand.
Der Clou dabei: Wenn Äquivalenzprinzip stimmt, dann dürfte die unterschiedliche Zusammensetzung von Mondkern, Mantel und Kruste keine Rolle spielen. Auch die asymmetrische Verteilung der eisenreichen, dichten Basaltruste der lunaren Maria und des leichteren, aluminiumreichen Hochlands dürfte nicht zu Unterschieden im aktiven und passiven gravitativen Verhalten führen. Wäre das aber doch der Fall, müsste sich dies in subtilen Schwankungen seiner Orbitalgeschwindigkeit und seines Abstands zeigen.
Singh und sein Team haben dies nun mithilfe von 40 Jahren an Daten von der lunaren Abstandsmessung untersucht, sowie mit einem Modell, in das auch die Schwerkrafteinflüsse von der Sonne, der Erde und den anderen Planeten mit einflossen.
Keine Verletzung der Äquivalenz
Das Ergebnis: „Wir haben ein neues Limit für die Verletzung der Äquivalenz der passiven und aktiven Gravitationsmasse ermittelt“, berichten die Physiker. Demnach sind beide Effekte bis auf 10-14 äquivalent – bis auf die 14. Nachkommastelle. Diese Überprüfung ist etwa um das Hundertfache präziser als die früheren Messungen. Sie bestätigt erneut, dass schwere und anziehende Masse immer äquivalent sind, unabhängig von der Zusammensetzung der jeweiligen Massen. (Physical Review Letters, 2023; doi: 10.1103/PhysRevLett.131.021401)
Quelle: Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM), American Physical Society (APS)