Chemie

Verbessertes Syntheseverfahren für beliebten Duftstoff

Ambrox und andere Naturstoffe mit weniger Aufwand herstellbar

Parfum-Flacon vor grüner Pflanze
Ambrox ist ein beliebter Duftstoff für Parfums. © Martyna87 / iStock

Neues Rezept: Chemiker haben ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich das begehrte Duftmolekül Ambrox mit weniger Aufwand und ohne unerwünschte Nebenprodukte herstellen lässt. Die von der Natur inspirierte Methode kürzt dabei den bisherigen Prozess ab und kommt ohne harsche Bedingungen aus, wie das Team in „Nature“ berichtet. Das Ausgangsmaterial ist zudem leichter verfügbar als bei herkömmlichen Verfahren. Doch wie funktioniert die chemische Reaktion? Und wieso könnte sie auch andere Synthesen revolutionieren?

Wir alle wollen gut riechen. Denn ein angenehmer Geruch suggeriert Gesundheit und Attraktivität, regt die Fantasie und Gefühle an und beflügelt unsere Träume. Bereits die Römer und Ägypter entwickelten daher duftende Salben und Parfüms, um ihren Eigengeruch zu verbessern. Einer der beliebtesten Duftstoffe der Welt ist bis heute das seltene Naturprodukt (-)-Ambrox mit seinem unverwechselbaren warmweichen und holzigen Geruch. Jährlich werden mehr als 30 Tonnen davon hergestellt.

Früher wurde Ambrox ausschließlich aus Ambra gewonnen, einer grauen, wachsartigen Substanz aus dem Darmtrakt von Pottwalen, die gelegentlich an den Strand gespült wird. Heute kann der Duftstoff auch aus einem pflanzlichen Naturprodukt hergestellt werden, das in großen Mengen in einer bestimmten Salbeiart vorkommt, dem Muskatellersalbei. Doch dieser Syntheseprozess erfordert mehrere Reaktionsschritte und ist abhängig von der Verfügbarkeit dieser einen Pflanze.

Foto von Pottwalen und Reaktionsgleichung der neuen chemischen Synthese von Ambrox
Der beliebte Duftstoff Ambrox wurde früher aus Ausscheidungen von Pottwalen gewonnen. Dank neuer Synthesemethoden ist das heutzutage nicht mehr nötig. © Gabriel Barathieu / Benjamin List

Gestraffter Prozess

Ein Team um Na Luo vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr hat nun eine neue Methode zur Synthese des beliebten Duftstoffs entwickelt, die ohne Wal-Exkremente oder Salbei auskommt. Doch auch dieses Verfahren ist von der Natur inspiriert und verwendet die dort gängige Polyenzyklisierung. Bei diesem komplexen Reaktionsschema werden aus strukturell eher einfachen Ausgangsstoffen komplizierte Moleküle aufgebaut. Die Natur nutzt dafür verschiedene Enzyme in einem einzigen Vorgang. Diesen im Labor nachzuahmen erforderte jedoch bislang mehrere Schritte, die im Fall von Ambrox drei bis vier Tage dauern.

Luo und ihre Kollegen haben stattdessen ein chemisches Verfahren zur Ambrox-Herstellung entwickelt, das mit nur einem Syntheseschritt auskommt und nur eine Nacht dauert. Die Methode kürzt damit den bisherigen Prozess ab und ähnelt stärker dem natürlichen Vorgang. Ausgangsmaterial ist der Naturstoff Nerolidol, der nicht nur in einer, sondern in vielen Pflanzen vorkommt. Diese Substanz wird dann mithilfe spezieller Katalysatoren zunächst zu Homofarnesol und dann weiter zu (-)-Ambrox umgewandelt.

Selektive Synthese ohne Enzyme

„Das Ergebnis ist hochselektiv“, sagt Luo, weil ausschließlich (-)-Ambrox und keines der anderen theoretisch möglichen Produkte entsteht, die ganz unterschiedlich riechen. „Mit unseren sehr sauren und umzäunenden Katalysatoren und einem speziellen, fluorierten Lösungsmittel ist es uns gelungen, das gewünschte Naturprodukt, eines von 16 möglichen Isomeren, selektiv zu synthetisieren.“ Bislang ging dies nur mit Biokatalysatoren, den Enzymen, nun erstmals auch mit asymmetrischen chemischen Katalysatoren.

Entscheidend dafür ist das Zusammenspiel von Katalysator und Lösemittel, wie das Team erklärt. Während der Katalysator das Ausgangsmaterial organisiert und für die Umwandlung vorbereitet, stabilisiert das Lösemittel die Zwischenprodukte sowie den Katalysator und beschleunigt die Reaktion damit noch weiter.

Funktioniert auch im Industriemaßstab

Die Methode lässt sich nicht nur im Forschungslabor, sondern künftig auch in großem industriellem Maßstab anwenden, wie die Chemiker berichten. Hilfreich dabei ist, dass der Prozess vergleichsweise wenig Energie und Material benötigt und dadurch günstiger und umweltfreundlicher ist. „Wir haben es geschafft, unsere Reaktion unter relativ milden Bedingungen ablaufen zu lassen“, erklärt Luo. Zudem können sowohl Katalysator als auch Lösungsmittel zurückgewonnen und für weitere Reaktionen wiederverwendet werden.

Darüber hinaus könnte das neue Ambrox-Syntheseverfahren auch auf andere industriell interessante Moleküle übertragen werden, indem ähnliche Katalysatoren und Reaktionsbedingungen eingesetzt werden. „Wir sind davon überzeugt, dass die Methode bei verwandten Polyenzyklisierungen breite Anwendung finden wird und die asymmetrische Synthese von Naturprodukten, Geruchsstoffen und Pharmazeutika aus leicht verfügbaren achiralen Ausgangsstoffen beschleunigen könnte“, schreibt das Team um Seniorautor Benjamin List vom MPI für Kohlenforschung. (Nature, 2024; doi: 10.1038/s41586-024-07757-7)

Quelle: Max-Planck-Institut für Kohlenforschung

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