Wie entstehen neue Elemente im Inneren von Sternen? Und welche Elemente und Isotope gibt es im Kosmos? Neue Antworten auf diese Fragen soll ab heute ein neuer Schwerionen-Beschleuniger in den USA liefern. Die Facility for Rare Isotope Beams wird schwere Atomkerne mit halber Lichtgeschwindigkeit auf ein Kohlenstoffziel schießen – es ist der zurzeit stärkste Ionenstrahl der Welt. Dabei entstehen neue, exotische Isotope, die wertvolle Einblicke in grundlegende chemisch-physikalische Prozesse liefern.
Bisher kennt die Wissenschaft 118 chemische Elemente und rund 3.000 Isotope – Atomkerne mit gleicher Protonenzahl, aber abweichenden Neutronengehalten. Doch gerade im Bereich der schweren kurzlebigen Atomsorten sind einige Fragen offen. So ist unklar, ob es jenseits des schwersten bekannten Elements Oganesson noch weitere Elemente des Periodensystems gibt und ob es dort irgendwo eine „Insel der Stabilität“ gibt, in der Isotope wieder länger bestehen bleiben als nur wenige Millisekunden.
Antworten auf diese Fragen suchen Kernphysiker mit speziellen Beschleunigern, in der schwere Ionen mit hoher Energie auf andere Elemente geschossen werden. Durch diese Kollisionen entstehen neue, noch schwerere Atomsorten, unter denen sich auch exotische, seltene Isotope befinden. Ihre Eigenschaften verraten dann einiges über die Prozesse, durch die neue Elemente im Weltall entstehen – beispielsweise im Innere von Sternen oder bei Supernova-Explosionen.
Intensivster Ionenstrahl weltweit
Jetzt beginnt in den USA ein neuer, besonders leistungsfähiger Schwerionenbeschleuniger seinen Betrieb. Die Facility for Rare Isotope Beams (FRIB) wird in ihrem 500 Meter langen Linearbeschleuniger schwere Atomkerne auf mehr als die halbe Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und Billionen dieser Isotope pro Sekunde auf eine rotierende Kohlenstoffscheibe schießen. „Die Strahlintensität wird tausendfach höher sein als das hier zuvor erreichbare“, berichtet FRIB-Projektmanager Paul Mantica.
Der neue Schwerionenbeschleuniger liefert damit die Voraussetzungen, ganz neue, exotische Isotope zu erzeugen. Denn je höher die Energie der Ionen und je mehr davon auf das Kohlenstoffziel treffen, desto höher ist die Chance, dass es dabei zu Atomverschmelzungen und damit zu neuen Elementen und Isotopen kommt. „Eine der Maßzahlen für potenzielle Neuentdeckungen ist die Intensität des Primärstrahls und der FRIB wird den stärksten Primärstrahl weltweit aufweisen“, sagt Thomas Glasmacher, Leiter des FRIB-Labors.
Tausende noch unbekannter Isotope
Die bei den Kollisionen erzeugte Isotopenmischung kann dann durch vier elektromagnetische Separatoren in ihre Komponenten und Zerfallsprodukte aufgeteilt werden. Das erlaubt es den Forschenden, gezielt nach neuen, noch unbekannten Isotopen zu suchen und ihr Verhalten zu analysieren. Nach Angaben der Michigan State University, die den FRIB betriebt, könnten in der Anlage rund 80 Prozent aller Isotope hergestellt werden, die Schätzungen zufolge im Universum vorkommen.
Dies bedeutet, dass zu den rund 3.000 schon bekannten Isotopen noch tausende weitere dazu kommen könnten. Die meisten davon gibt es auf der Erde nicht, weil sie nur in den energiereichsten Prozessen des Kosmos entstehen, beispielsweise beim sogenannten schnellen Neutroneneinfang in Supernovae oder Neutronensternkollisionen. „Es gibt Prozesse im Inneren von Sternen, die sehr exotische Atomkerne involvieren, doch bis heute waren nicht imstande, diese exotischen Kerne zu produzieren“, sagt Artemis Spyrou von der Michigan State University.
Nützlich für Grundlagenforschung und praktische Anwendungen
„Die schiere Menge an neuen Information, die wir durch diese Anlage bekommen werden, ist einfach unglaublich“, so der Forscher weiter. „Wir erwarten dadurch definitiv neue Erkenntnisse für die Grundlagenforschung.“ Die am FRIB erzeugten Isotope sollen aber nicht nur der Grundlagenforschung zugute kommen, sondern könnten auch ganz praktischen Nutzen haben. Denn mit ihrer Hilfe lassen sich auch neue Materialien oder medizinische Therapien beispielsweise gegen Krebs entwickeln.
Isotope sind auch dafür nützlich, um Meeresströmungen zu verfolgen, radioaktive Kontaminationen nachzuweisen oder aber physiologische Vorgänge in Organismen zu erforschen.
Quelle: Michigan State University