Umgekehrte Zeit: Physiker haben ein Protokoll entwickelt und experimentell umgesetzt, durch das sich Quantenprozesse zeitlich „zurückspulen“ lassen. Im Prinzip kommt es dabei zu einer lokal begrenzten Zeitumkehr – einem in der makroskopischen Welt unmöglichen Prozess. Anders als frühere Ansätze ist das neue „Rewinding“-Protokoll zudem universell anwendbar und ermöglicht diese Umkehr mit sehr hohen Wahrscheinlichkeiten, wie die Forscher berichten. Das mache es praktisch breit anwendbar.
In unserem Alltag und in der klassischen Physik ist die Zeit eine Einbahnstraße: Sie kann nur vorwärtslaufen. Denn Zeit und Entropie sind eng verknüpft und die zunehmende thermodynamische „Unordnung“ kann nicht ohne Einwirkung von außen rückgängig gemacht werden. Eine heruntergefallene Tasse setzt sich nicht von selbst wieder zusammen und eine Pusteblume wird nicht wieder zur Löwenzahnblüte.

Überlagerung ermöglicht lokales „Zurückspulen“
Doch in der Quantenphysik gelten andere Regeln. Weil in der Welt der kleinsten Teilchen Wahrscheinlichkeiten regieren, können im Phänomen der Überlagerung verschiedene Zustände gleichzeitig existieren – wie im berühmten Gedankenexperiment von Schrödingers Katze, die gleichzeitig tot und lebendig ist. Diese Dualität gilt sogar für die Zeit, denn auch die Richtungen des Zeitpfeils überlagern sich. Theoretisch müsste es demnach möglich sein, die Zeit in einem Quantensystem umzukehren – ähnlich wie man die Phase einer Lichtwelle durch spezielle Spiegel umkehren kann.
Tatsächlich gibt es bereits einige Indizien dafür, dass solche lokal begrenzten Verstöße gegen die Gesetze der Thermodynamik möglich sind. Physiker haben dies auch schon beobachtet, beispielsweise an Qubits, die von einer zunehmend „unscharfen“ Position wieder zum lokalisierten, bekannten Ausgangszustand zurückkehren. Der Haken: Solche Umkehrungen treten in diesen Protokollen nur extrem selten und zufällig auf, außerdem dauert dieses „Rewinding“ dreimal so lange wie der normal vorwärts laufende Prozess.