Volksweisheit widerlegt: Angeblich wird ein neues Verhalten nach drei Wochen zur Gewohnheit – beispielsweise bei guten Vorsätzen. Doch das stimmt nicht, wie nun eine Meta-Studie belegt. Bis wir alte Verhaltensmuster durch neue ersetzt haben, dauert es bei den meisten Menschen rund zwei bis fünf Monate, manchmal sogar fast ein ganzes Jahr. Ob wir für uns gesunde Verhaltensweisen etablieren können, hängt daher auch von der richtigen Strategie und dem Kontext ab.
Ob mehr Sport, nicht mehr Rauchen oder eine gesündere Ernährung – gute Vorsätze sind für viele Menschen ein festes Ritual zu Neujahr. „Gesunde Gewohnheiten sind für das langfristige Wohlbefinden unerlässlich, aber diese Gewohnheiten zu entwickeln – und mit ungesunden Gewohnheiten zu brechen – kann eine Herausforderung sein“, sagt Ben Singh von der University of South Australia.
Was ist dran am Drei-Wochen-Mythos?
Am schwersten ist bei der Umsetzung guter Vorsätze der Anfang. Dem Volksmund zufolge müssen wir daher nur 21 Tage lang eisernen Willen beweisen, bis es leichter wird. Denn dann, so die gängige Annahme, haben sich neue Gewohnheiten so weit etabliert, dass wir sie beibehalten und fortan unbewusst, automatisch und ohne große Überwindung durchführen. Doch stimmt das? Reichen drei Wochen wirklich aus, um neue Verhaltensmuster durchzusetzen?
Das haben Forschende um Singh nun erstmals systematisch analysiert. Dafür werteten sie 20 Studien aus, an denen insgesamt 2.601 Personen teilgenommen hatten. Die Testpersonen berichteten, wie gut und wie schnell es ihnen gelang, bestimmte Verhaltensweisen zu entwickeln – darunter sich mehr zu bewegen, sich zu stretchen, mehr Wasser zu trinken, mehr Vitamine zu nehmen, sich gesünder zu ernähren und Zahnseide zu benutzen. In den Studien wurde dabei auch die Wirksamkeit verschiedener Hilfsmittel wie Apps, Newsletter oder Broschüren getestet.
Neue Gewohnheiten greifen erst nach Monaten
Die Meta-Analyse ergab: Neue Angewohnheiten beginnen sich im Mittel erst nach etwa zwei Monaten festzusetzen. Dies gilt weitgehend unabhängig von der Art der Verhaltensweise oder Tätigkeit. Wann sich die neuen Gewohnheiten etabliert haben, schwankt jedoch enorm und ist höchst individuell. Bis sie zu unserer neuen Routine geworden sind, dauert es demnach bei manchen Menschen nur vier Tage, bei anderen bis zu 335 Tage.
Demnach dauert es bei den meisten Menschen deutlich länger als drei Wochen, um sich gesundes Verhalten anzutrainieren. Die Mehrheit braucht dafür zwischen zwei und fünf Monate. „Daher ist es wichtig, dass Menschen, die hoffen, gesündere Gewohnheiten zu entwickeln, nicht nach dieser mythischen Drei-Wochen-Marke aufgeben“, sagt Singh.
Vor allem bei schwerer umzusetzenden Vorhaben ist Geduld gefragt: „Es gab ein Muster, bei dem einfachere, sich wiederholende Verhaltensweisen mit klaren Hinweisen und sofortiger Belohnung – wie Zahnseide nutzen und Wasser trinken – große Chancen auf Gewöhnung zeigten, während komplexere Verhaltensweisen – wie regelmäßige gesunde Ernährung und körperliche Aktivität – sich etwas schwerer angewöhnen ließen“, schreibt das Team.
Mit Spaß und Strategie zum Erfolg
Ob sich neue gesunde Routinen durchsetzen, hängt aber nicht nur von der Person und dem Verhalten, sondern auch von einigen weiteren Faktoren ab, wie die Auswertung ergab. „Der Erfolg kann von einer Reihe von Dingen beeinflusst werden, zum Beispiel davon, wie oft wir die neue Aktivität durchführen, wann die Praxis stattfindet und ob wir sie genießen oder nicht“, sagt Singh.
Wer sein neues Verhalten beispielsweise in seine tägliche Morgenroutine integriert oder einem anderen regelmäßigen Muster mit gleichbleibendem Kontext folgt, behält es demnach mit größerer Wahrscheinlichkeit bei. Gleiches gilt für jene, die sich das neue Verhalten selbst ausgesucht haben und die Spaß daran haben.
Wer seinem Erfolg auf die Sprünge helfen will, sollte sich zudem Zeit nehmen, um das neue Verhalten strategisch vorzubereiten – das erleichtert die Umsetzung und damit auch die Gewöhnung. „Das kann das Herauslegen der Sportkleidung am Abend vor einem morgendlichen Spaziergang sein oder das Bereitstellen eines gesunden Mittagessens im Kühlschrank“, sagt Singh. Auch Formen der Fortschrittskontrolle durch Tagebücher, Tracker oder externe Berater sind hilfreich, um Routinen zu festigen.
Effektivere Förderprogramme
Die neuen Erkenntnisse helfen dabei, sich realistische Erwartungen zu setzen und die Motivation zu steigern: Auch wenn es manchmal länger dauert, um den inneren „Schweinehund“ zu überwinden und eine gesunde Routine zu etablieren, wird es mit der Zeit leichter. Und es lohnt sich: Eine gesündere Lebensweise beugt chronischen Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen vor und kann das Leben verlängern.
Das Wissen könnte auch Initiativen von Krankenkassen und Gesundheitsberatern verbessern. So könnten beispielsweise statt Kickstarts und Kurzzeit-Challenges eher langwierigere Initiativen oder personalisierte Programme sinnvoll sein, die eine nachhaltige und gesunde Verhaltensänderung unterstützen, so die Forschenden.
Allerdings basieren die Erkenntnisse auf nur wenigen verfügbaren Studien und müssen daher weiter überprüft werden. „Dieser offensichtliche Mangel an Studien, die direkt die Zeit der Gewohnheitsbildung messen, verdeutlicht eine erhebliche Lücke zwischen gängigen Ratschlägen und wissenschaftlichen Erkenntnissen auf diesem Gebiet und weist auf einen wichtigen Bereich für zukünftige Forschung hin“, schreiben die Forschenden. (Healthcare, 2025; doi: 10.3390/healthcare12232488)
Quelle: University of South Australia