Achtsamkeits-Meditation gegen Schmerzen wirkt besser und anders als gedacht, wie eine Studie enthüllt. Demnach unterscheiden sich die Reaktionen des Gehirns auf diese Form der Mediation deutlich von denen bloßer Placebo-Behandlungen. Während diese eher unspezifische Effekte zeigen, drosselt die Achtsamkeits-Mediation gezielt die neuronalen Schmerzschaltkreise – und trägt damit spezifisch zur Verringerung der Schmerzempfindung bei, wie die Forscher berichten.
Millionen Menschen leiden unter chronischen Schmerzen – in Deutschland ist es fast jeder Fünfte. Hinter diesem quälenden Leiden stecken komplexe neurologische Prozesse im Rückenmark und Gehirn. In vielen Fällen sorgt das Schmerzgedächtnis dafür, dass uns Rücken, Knie oder Kopf selbst dann wehtun, wenn die Ursache behoben ist. Entsprechend schwierig ist die Behandlung. Neben Medikamenten setzen viele Betroffene dabei auf Strategien, die die psychische Belastung durch den Schmerz verringern sollen, darunter auch Formen der Meditation.
Meditation versus Placebo-Therapie
Doch wie gut wirkt beispielsweise die Achtsamkeits-Meditation gegen Schmerzen? Sie wird inzwischen auch von vielen Krankenkassen zum Stressabbau und zur Schmerzlinderung empfohlen. Gemeinsam ist den unterschiedlichen Formen dieser Meditation, dass sich die Ausübenden auf ihren Körper und ihre Sinneseindrücke konzentrieren und Stress und kreisende Gedanken ausblenden. Gelingt dies, kann die Meditation in eine tiefe Entspannung führen – Effekte, die auch im Gehirn sichtbar sind.
Strittig war aber bisher, ob die wohltuenden Effekt der Achtsamkeits-Meditation auf mehr beruhen als nur dem Placebo-Effekt. Das haben Gabriel Riegner von der University of California in San Diego und seine Kollegen nun genauer untersucht. Für ihre Studie teilten sie 115 Testpersonen in vier Gruppen ein. Eine übte sich unter Anleitung regelmäßig in der Meditation, eine Kontrollgruppe lauschte einem Hörbuch und die anderen beiden Gruppen erhielten ein Placebo: eine nur aus Atemübungen bestehende Scheinmeditation oder eine wirkstofflose Salbe.
Vor und nach diesen Behandlungen fügten sie den Testpersonen einen Schmerzreiz an er Beinrückseite zu, während diese im Hirnscanner lagen. Das Team zeichnete dabei die neurologische Schmerzreaktion auf und befragte die Teilnehmenden auch nach ihren subjektiven Schmerzempfindungen.
Klar verschiedene Hirnreaktionen
Das Ergebnis: Sowohl die Meditation als auch die Placebo-Behandlungen verringerten die subjektive Schmerzempfindung, wenngleich die Mediation besser wirkte. Doch anders als erwartet unterschieden sich die Reaktionen des Gehirns deutlich. Die Achtsamkeits-Meditation dämpfte die Reaktionen mehrerer Hirnareale, die als Kennzeichen für das neurale Schmerzsignal gelten. Die Placebos beeinflussten zwar die Hirnaktivität ebenfalls, jedoch nicht in diesem Schmerz-Schaltkreis, wie die funktionelle Magnetresonanz-Tomografie (fMRT) verriet.
„Lange wurde angenommen, dass es Überlappungen zwischen Placebo-Effekt und aktiven Therapien wie der Meditation gibt“, sagt Seniorautor Fadel Zeidan von der UC San Diego. „Aber unsere Resultate legen nahe, dass dies zumindest beim Schmerz nicht der Fall ist: Die beiden Hirnreaktionen sind komplett unterschiedlich.“
Hilft es auch gegen chronischen Schmerz?
Nach Ansicht der Forscher bestätigt dies, dass Achtsamkeits-Meditation gegen Schmerzen auf mehr beruht als nur dem Placebo-Effekt. „Indem wir bei der Meditation den Schmerz von unserem Selbst trennen und ihn nicht mehr bewerten, kann die Achtsamkeits-Meditation direkt beeinflussen, wie wir den Schmerz empfinden – und das ganz ohne Drogen“, so Zeidan. Zudem könne man diese Form der Meditation überall und kostenlos praktizieren.
Allerdings: Wie gut die Meditation bei chronischen Schmerzen hilft und ob sich auch dort spezifische Effekte im Gehirn zeigen, müssen nun Folgestudien zeigen. Die Forscher halten es aber für wahrscheinlich, dass sich ähnlich spezifische und positive Wirkungen auch bei chronischen Schmerzen zeigen. „Unser Geist ist mächtig und wir sind erst dabei zu verstehen, wie wir diese Macht für die Schmerzbekämpfung nutzen können“, sagt Zeidan. (Biological Psychiatry, 2024: doi: 10.1016/j.biopsych.2024.08.023)
Quelle: University of California – San Diego