Zum Schreien komisch: Über welche Pointen wir uns bei Cartoons besonders amüsieren und ob es dabei Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, haben Forschende näher untersucht. Das Ergebnis: Vielschichtige Witze sind am beliebtesten. Doch während Frauen vor allem über satirische Zeichnungen schmunzeln, die sich mit Beziehungen oder Politik befassen, bevorzugen Männer Situationskomik und einfachere visuelle Witze. Als mögliche Ursache sehen die Wissenschaftler den unterschiedlichen sozialen Stil der Geschlechter.
Ein guter Witz ist Gold wert: Lachen macht nicht nur gesund, Humor verbindet auch und ein gut platzierter Spruch kann eine angespannte Situation schnell auflockern. Auch Bilder oder Zeichnungen lassen uns häufig herzlich lachen: Gerade Cartoons können gesellschaftliche, politische oder soziale Zustände auf humorvolle Art und Weise kommentieren und kritisieren.
Doch warum finden wir bestimmte Witze amüsanter als andere? In der Menschheitsgeschichte wurde schon viel über das Wesen der gelungenen Pointe philosophiert. Bis heute wird diesem Rätsel nachgegangen, beispielsweise in der KI-Forschung. Auch die Frage, ob Geschlecht, Alter oder andere Merkmale einen Einfluss auf den individuellen Humor haben, ist noch ungeklärt.
Was macht Karikaturen komisch?
Welche Eigenschaft zeichnet beispielsweise besonders lustige Cartoons aus? Anders als bei rein textbasierten Witzen transportieren diese ihre Pointe primär über Bilder, die manchmal durch Bildunterschriften oder kurze Dialoge ergänzt sind. „Diese kondensierte Form des Witzes erfordert nur minimales Nachdenken durch den Betrachter: Normalerweise – wenn auch nicht immer – kapiert man den Witz sofort“, erklären Robin Dunbar von der Oxford University und sein Team.
Was einen lustigen Cartoon ausmacht und wer über welche Bildwitze lachen kann, untersuchten Dunbar und seine Kollegen mithilfe eines Experiments in einer Ausstellung des Cartoon Museums in London. Dort baten sie die Ausstellungsbesucher, 38 paarweise präsentierte Cartoons nach ihrer Witzigkeit zu bewerten. Insgesamt wurden 3.380 der Ausstellungsbesucher nach ihrer Einschätzung gefragt.
Cartoon-Ausstellung als Testlabor
Für ihre Auswertung teilten die Forschenden die Cartoons in einen von sechs Witztypen ein, beispielsweise politischer Witz, Wortwitz oder rein visueller Witz. Außerdem ordneten sie jeder Zeichnung ein Mentalisierungs-Niveau zu, ein Maß für die Komplexität des Witzes. Dies definieren sie als die Anzahl der aktiv beteiligten Personen in der Karikatur, wobei der Zuschauer selbst auch als aktiv beteiligt gilt. Ein Cartoon mit zwei Leuten hätte also ein Mentalisierungs-Niveau von drei.
Neben dem Mentalisierungslevel und dem Witztypen des Cartoons wurden auch Geschlecht und Alter der Teilnehmer sowie das Datum der Erstveröffentlichung der Zeichnung festgehalten. Im Anschluss untersuchten die Forschenden den Zusammenhang zwischen Witzigkeit der Cartoons und den erhobenen Variablen.
Power-Pointen sind Wortspiel und Beziehung
Das Ergebnis: Generell fanden die Testpersonen visuelle Witze mit Wortspielen und Witze mit sozialen Kommentaren, beispielsweise über eheliche Beziehungen, lustiger als jedes andere Thema. Am wenigsten begeistert waren Männer und Frauen von politischen Witzen, wie Dunbar und seine Kollegen feststellten.
Ein ähnlich ausgeprägtes Interesse an sozialen Beziehungen lässt sich auch in alltäglichen Situationen beobachten, wie das Team erklärt. Sie spiegelt sich beispielsweise in der Tatsache wider, dass Belletristik – in der es fast immer um soziale Beziehungen geht – und Biografien den größten Teil der Buchverkäufe ausmachen. Auch beim Lesen setzten sich Menschen also gerne mit diesem Thema auseinander.
Überraschend deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen
Doch es gab auch Unterschiede im Humorempfinden: „Von allen Ergebnissen waren die Unterschiede zwischen den Geschlechtern das Überraschendste“, berichten Dunbar und seine Kollegen. „Wir hatten nicht erwartet, dass diese so groß ausfallen würden.“ Frauen haben demnach eine größere Vorliebe für Witze über häusliche Situationen und politische Kommentare, während Männer situative Witze und Slapstick sowie visuelle Witze bevorzugen.
„Wir argumentieren, dass diese Unterschiede in der Vorliebe für Humor auf die bemerkenswerten Unterschiede im sozialen Stil der beiden Geschlechter zurückzuführen sind“, sagt Robin Dunbar. Humorvorlieben spiegeln möglicherweise wider, wie Männer und Frauen im Alltag ihre Beziehungen gestalten, vermuten die Autoren. So seien die Beziehungen von Frauen häufig komplexer und stärker von Gesprächen über soziale und emotionale Anliegen geprägt. Beziehungen von Männern basieren dagegen stärker auf gemeinsamen Aktivitäten, wie die Forschenden erklären. Dies könnte sich auch auf den Humor übertragen: Die einen präferieren reflektierten, die anderen eher oberflächlichen Humor.
The more, the merrier? (Oder:) Vier sind einer zu viel
Es zeigte sich außerdem, dass Cartoons mit mehr Personen, also höherem Mentalisierungs-Niveau, als witziger empfunden wurden. „Wie verbale Witze sind auch Cartoons umso lustiger, je mehr Geisteszustände, im Wesentlichen Charaktere, sie beinhalten“, sagt dazu Robin Dunbar. „Aber es gibt eine Grenze, ab der sie unverständlich werden.“ Sowohl bei gesprochenen als auch bei visuellen Witzen liegt diese Grenze bei drei Personen. Sobald vier oder mehr Personen in der Zeichnung oder im erzählten Witz beteiligt waren, schätzten die Studienteilnehmenden die Witze als wesentlich weniger lustig ein.
Der Grund: Sobald das erforderliche Mentalisierungslevel die kognitiven Fähigkeiten eines Erwachsenen übersteigt, kann er der Handlung nicht mehr problemlos folgen. Die Wertschätzung der Cartoons nimmt folglich ab. Eine Erklärung dafür ist, dass es zu herausfordernd ist, der Interaktion von vier oder mehr Charakteren, die in einer Zeichnung, also in einem zweidimensionalen, zeitlosen Raum, miteinander agieren, zu folgen. Cartoons mit vielen Figuren sind deshalb schlichtweg nicht komisch. (HUMOR, 2024; doi: 10.1515/humor-2023-0111)
Quelle: De Gruyter