Fair oder unfair? Wir Menschen werden schnell eifersüchtig, wenn andere bevorzugt werden. Aber wie ist das mit Hund, Katze, Affe und Co? Das haben Biologen nun in einer Meta-Analyse mit 18 Tierarten untersucht. Das Ergebnis: Tiere reagieren eher enttäuscht als eifersüchtig. Der soziale Vergleich spielt für sie nur eine geringe Rolle. Unser menschlicher Sinn für Gerechtigkeit könnte demnach doch einzigartiger sein als gedacht, wie die Forschenden berichten.
Wir Menschen haben einen sehr ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und Fairness. Schon 15 Monate alte Kinder protestieren, wenn Kekse nicht gerecht aufgeteilt werden. Faire Verteilungen hingegen aktivieren das Belohnungssystem in unserem Gehirn und erfüllen uns in der Folge mit Glück. Manche Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass erst unser Sinn für Fairness bei der Verteilung von Ressourcen es uns ermöglichte, komplexe Gesellschaften zu entwickeln. Doch wie einzigartig ist unsere starke Abneigung gegen Ungerechtigkeit tatsächlich?
Trauben und Wutausbrüche im Visier
Um herauszufinden, ob auch Tieren Fairness wichtig ist, haben Forschende um Oded Ritov von der University of California in Berkeley nun eine umfangreiche Meta-Analyse durchgeführt. Dafür durchkämmte das Team insgesamt 23 Studien mit mehr als 60.000 Fairness-Beobachtungen an 18 Tierarten und ermittelte anhand dessen, ob Tiere tatsächlich eifersüchtig werden, wenn ein Artgenosse zum Beispiel mehr oder besseres Futter bekommt als sie selbst.
In einer Studie hatten Forschende zum Beispiel zwei Kapuzineräffchen ein Stück Gurke zum Fressen gegeben. Beide wirkten beim Mampfen zufrieden. Doch als in Runde zwei eines der Äffchen auf einmal stattdessen eine Weintraube bekam, schleuderte das andere die Gurke zurück zu den Forschenden und rüttelte protestierend an der Käfigwand. Das Team schloss daraus, dass auch Affen eine Abneigung gegen Ungerechtigkeit empfinden können. Auch vergleichbare Studien an Rabenvögeln, Hunden und Mäusen waren zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen.
Enttäuscht statt eifersüchtig
Doch für Ritov und seine Kollegen ist diese Interpretation zu kurz gegriffen und vermenschlicht die untersuchten Tiere zu sehr. Ihre Meta-Analyse kommt stattdessen zu einem völlig anderen Ergebnis, wie Ritov erklärt: „Wir denken, dass die Ablehnung eine Form des sozialen Protests ist. Aber wogegen die Tiere protestieren, ist nicht, dass sie weniger bekommen als jemand anderes. Vielmehr scheint es, als würden sie dagegen protestieren, dass der Mensch sie nicht so gut behandelt, wie sie es haben könnten.“
Ihre alternative Erklärung für das aufbrausende Verhalten der Versuchstiere lautet daher: Sie waren nicht eifersüchtig, sondern enttäuscht. Das zeigte sich dem Team zufolge zum Beispiel an Folgestudien mit Affen, in denen nicht ein Artgenosse die Traube bekam, sondern diese in einen leeren Käfig nebenan gelegt wurde. Auch in diesem Szenario verlieh der benachteiligte Affe seiner Empörung Ausdruck.
Doch da es keinen anderen Affen gab, auf den er hätte eifersüchtig sein können, muss es sich stattdessen um ein Gefühl der Enttäuschung gehandelt haben, schlussfolgern Ritov und sein Team. Der Affe war somit zwar wütend, dass er keine Traube bekommen hatte, aber der soziale Vergleich mit einem Artgenossen war für diese Wut offenbar unerheblich.
Menschlicher Sinn für Gerechtigkeit ist doch einzigartig
Für den menschlichen Fairness-Sinn ist jedoch genau dieser Vergleich mit anderen entscheidend. Wir wären anders als das Äffchen nicht wütend, keine Traube bekommen zu haben, sondern dass sie jemand anderes bekommen hat. Das, was Tiere bei objektiv ungerechter Behandlung empfinden, ist somit nicht vergleichbar mit dem, was sich bei uns Menschen in Bezug auf unseren tief verwurzelten Sinn für Fairness beobachten lässt, so Ritov.
Unser Gerechtigkeitsempfinden bleibt daher vorerst einzigartig im Tierreich. Allerdings: Noch ist dieser Aspekt tierischen Verhaltens längst nicht umfassend erforscht. (Proceedings of the Royal Society B Biological Sciences, 2024; doi: 10.1098/rspb.2024.1452)
Quelle: University of California – Berkeley