Genlotterie: Für das Gehirn ist es offenbar nicht egal, welches der beiden X-Chromosomen aktiv ist – das vom Vater oder das von der Mutter geerbte. Denn Erinnerungsvermögen und kognitive Fähigkeiten nehmen bei Frauen im Alter schneller ab, wenn in ihren Hirnzellen ausschließlich das mütterliche X-Chromosom aktiv ist, wie Forschende an Mäusen herausgefunden haben. Das könnte auch erklären, warum die Hirne von Männern und Frauen unterschiedlich altern, berichtet das Team in „Nature“.
Frauen haben in ihren Körperzellen jeweils zwei X-Chromosomen – eins von der Mutter und eins vom Vater. Beide Chromosomen enthalten dieselben Gene, jedoch unterschiedliche epigenetische Modifikationen, die diese Gene regulieren und sie an- oder abschalten. Allerdings ist in jeder Zelle von Frauen stets nur eines dieser zwei Geschlechtschromosomen aktiv, das andere wird stillgelegt. Welches abgelesen wird, ist dabei purer Zufall. Bei Männern, die nur ein X-Chromosom haben – von der Mutter –, ist dieses hingegen immer und in allen Zellen aktiv.
Was tun X-Chromosomen in Hirnzellen?
Frühere Studien zu Mutationen und Gendefekten legen nahe, dass das X-Chromosom wichtig für neuronale Funktionen, die Hirngesundheit, das Erinnerungsvermögen und die geistigen Fähigkeiten ist. „Angesichts der Tatsache, dass das X-Chromosom viele hirnbezogene Gene enthält, wollten wir wissen, welche Rolle es bei der Alterung des Gehirns spielt“, sagt Erstautorin Samira Abdulai-Saiku von der University of California in San Francisco (UCSF).
Dafür analysierten sie und ihr Team an Mäusen, ob es für die Hirnzellen einen Unterschied macht, ob darin das mütterliche oder das väterliche X-Chromosom aktiv ist. Die Forschenden züchteten dafür weibliche Mäuse, deren Hirnzellen entweder ausschließlich X-Chromosomen von der Mutter oder eine Mischung von beiden Elternteilen nutzten. Diese Tiere ließen sie dann in unterschiedlichen Altersstufen durch mehrere Labyrinthe laufen, um ihre Hirnleistung und ihr Verhalten zu testen.