Überraschung! Unser Gehirn lernt wahrscheinlich erst allmählich und in Etappen, mit Unerwartetem umzugehen, wie eine Studie an jungen Mäusen nahelegt. Demnach entwickeln sich die beteiligten Gehirnareale beim Heranwachsen nicht gleichzeitig, sondern nacheinander, so dass sie beispielsweise unvorhergesehene Geräusche schneller einordnen können. Bei Mäusen dauert dieser zeitversetzte Erfahrungs- und Reifeprozess etwa 50 Tage, beim Menschen wahrscheinlich gut 20 Jahre, wie die Forschenden in „Science Advances“ berichten.
Für Kinder steckt die Welt voller Überraschungen. Erwachsene überrascht hingegen kaum noch etwas. Das liegt daran, dass sich unser Gehirn mit dem Heranwachsen verändert und auf Unvorhergesehenes dann anders reagiert. Unser Gehirn muss unerwartete Reize wie Geräusche oder einen veränderten Tonfall dabei als „wichtig“ und „gefährlich“ oder als „uninteressant“ und „harmlos“ einstufen.
Bei Erwachsenen geschieht diese Einordnung deutlich schneller als bei Kindern und Jugendlichen, sodass sie bei wiederholten „Überraschungen“ deutlich weniger darauf reagieren. Das spart neurologisch gesehen Energie. Kinder reagieren hingegen auch beim dritten und vierten Mal noch ähnlich intensiv auf dasselbe vermeintlich neuartige Ereignis oder Geräusch. Wann und wie sich ihr Gehirn dahingehend umformt und fortan effizienter auf Unvorhergesehenes reagiert, ist aber noch kaum erforscht.
Was passiert im Gehirn von jungen Mäusen?
Ein Forschungsteam um Patricia Valerio von der Universität Basel hat das nun anhand von jugendlichen Mäusen untersucht. Dafür testeten die Neurowissenschaftler, wie das Gehirn von Jungtieren im Alter von 20, 30, 40 und gut 50 Tagen auf überraschende Töne reagiert. Die Forschenden verwendeten in ihren Versuchen zehn verschiedene Tonfolgen aus je identischen Tönen, in denen in unregelmäßigen Abständen ein abweichender Ton auftauchte. Während die Tiere die Tonfolgen hörten, zeichneten die Wissenschaftler ihre Hirnströme mit operativ angebrachten Elektroden auf.