Auch Blattschneiderameisen nutzen das Prinzip der biologischen Schädlingsbekämpfung: Sie setzen Bakterien ein, um zu verhindern, dass ihre Pilzzuchten durch einen Schadpilz verseucht werden. In der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Science (PNAS) haben Wissenchaftler nun erstmals die von den Bakterien produzierte antifungale Substanz identifiziert.
Blattschneiderameisen leben in Symbiose mit dem Pilz Leucoagaricus gongylophorus, den sie mit Blattmaterial in riesigen Kammern in ihrem Nest kultivieren. Der Pilz dient den Ameisen als Hauptnahrungsquelle. Doch die Symbiose der Blattschneiderameisen mit ihrem Futterpilz wird durch den Schadpilz Escovopsis bedroht und damit die Existenz der gesamten Ameisen-Kolonie. Daher pflegen die Blattschneiderameisen ihren Pilzgarten sehr emsig: Sie jäten ihn, indem sie jeglichen Unrat entfernen und auf „Müllhalden“ bringen. Außerdem setzen sie chemische „Pilzschutzmittel“ gegen Infektionen ihres Pilzgartens ein. Ähnlich wie wir Menschen machen sich die Ameisen dabei Mikroorganismen als Quelle für die Wirkstoffe zu Nutze.
Symbiontische Bakterienstämme analysiert
Bereits 1999 hatten Wissenschaftler gezeigt, dass bakterielle Symbionten der Ameisen dazu beitragen, den Futterpilz gegen Escovopsis zu verteidigen. Allerdings konnte bislang noch kein bakterieller Wirkstoff identifiziert werden, der den Schadpilz Escovopsis hemmt. Dieter Spiteller, Leiter der selbstständigen Arbeitsgruppe „Mikrobielle Chemische Ökologie“ am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena, ist daher mit Kollegen aus Kaiserslautern und Panama der Frage nachgegangen, wie die mikrobiellen Symbionten der Blattschneiderameisen den Futterpilz gegen Befall durch Escovopsis schützen.
Die Forscher isolierten von drei Blattschneiderameisenarten der Gattung Acromyrmex 19 verschiedene Bakterienarten (Pseudonocardia, Dermacoccus und Streptomyces). Im Bioassay hemmten insbesondere mehrere Streptomyceten-Isolate den Schadpilz Escovopsis. „Wir haben einen dieser Streptomyceten ausgewählt und kultiviert, um den Wirkstoff gegen den Pilz zu isolieren“, erläutert Susanne Haeder das Vorgehen. Und die Forscher wurden tatsächlich fündig: „Wir konnten schließlich hochwirksame Candicidin-Polyenmakrolide identifizieren, die das Wachstum des Schadpilzes Escovopsis stark hemmen.“
Wirkstoffe gegen Schadpilze
Candicidine gehören zur Klasse der Polyenmakrolide, von denen einzelne Vertreter in der Medizin gegen Pilzinfektionen eingesetzt werden. Sie wurden 1953 zum ersten Mal isoliert und zeigen eine hohe Wirksamkeit gegen den humanpathogenen Pilz Candida albicans. „Die Blattschneiderameisen verwenden somit tatsächlich eine ähnliche Strategie wie der Mensch, um sich gegen pathogene Pilze zu schützen“, so Arbeitsgruppenleiter Dieter Spiteller. Bei drei weiteren untersuchten Ameisenarten fanden die Forscher mindestens ein Bakterium, das ebenfalls Candicidin-Makrolide produziert. Demnach scheinen diese antifungalen Substanzen häufig von Blattschneiderameisen zur Bekämpfung von Escovopsis genutzt zu werden.
Neue Untersuchungen zeigen, dass der kombinierte Einsatz unterschiedlicher Wirkstoffe von verschiedenen bakteriellen Symbionten den Blattschneiderameisen hilft, ihren Pilzgarten vor gefährlichen Infektionen zu schützen. „Die Untersuchung mikrobieller Symbiosen mit höheren Organismen wie den Ameisen könnte somit als Quelle für neue Wirkstoffe gegen Infektionskrankheiten dienen“, betont der Max-Planck-Forscher.
(MPG, 10.03.2009 – NPO)