GeoUnion

Arktis: Eisschmelze erreicht fast Rekordniveau

Vorhersage von Klimawissenschaftlern bestätigt

Eisblock auf einer Eisscholle. © Alfred-Wegener-Institut

Die arktische Eisfläche ist am Ende des Sommers 2008 auf 4,5 Millionen Quadratkilometer geschrumpft. Dies ist nach Angaben des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven nur unwesentlich mehr als die niedrigste jemals beobachtete Meereisausdehnung von 4,1 Millionen Quadratkilometern im Jahr 2007. Das langjährige Mittel liegt 2,2 Millionen Quadratkilometer höher.

Die Entwicklung kam aber nicht völlig unerwartet. Eine Modellrechnung aus dem AWI im Frühsommer hatte bereits gezeigt, dass das Eisminimum 2008 mit fast hundertprozentiger Sicherheit unter dem von 2005 liegen würde.

„Betrachtet man die Meereisbedeckung seit Beginn der Satellitenaufnahmen im Jahr 1979, ist der Messwert von 2008 eine kleine Überraschung, weil auf Sommer mit geringer Eisbedeckung wie 2007 häufig Winter mit starker Eisproduktion folgen“, erklärt Professor Rüdiger Gerdes, physikalischer Ozeanograph am AWI.

Hält der Trend an?

Von 1979 bis 2004 waren im Sommer immer zwischen sechs und 7,5 Millionen Quadratkilometer der Arktis von Eis bedeckt. Nun liegt die Eisbedeckung nach den Ergebnissen der Wissenschaftler schon im zweiten Jahr in Folge dramatisch unter dem langjährigen Mittel. Allerdings müssen die nächsten Sommer erst noch zeigen, ob dieser Trend anhält.

„Eine bisher unbeantwortete Frage ist, ob die Abfolge von zwei extremen Jahren einen Übergang in ein neues Regime des arktischen Meereises anzeigt, welches eine Rückkehr der Eisbedeckung zu früheren Werten erschwert“, so Gerdes. Solche Übergänge kommen in gekoppelten Klimamodellen vor. Sie werden allerdings erst in den Szenarien für das spätere 21. Jahrhundert prognostiziert.

Eisdickenmessung mit EM-Bird (von Helikopter geschleppt) © Lasse Rabenstein / Alfred-Wegener-Institut

Eisdicke nicht genau bekannt

Die Schlüsselgröße in den Modellsimulationen für das arktische Meereis ist die Dicke des Eises. Hat die mittlere Dicke einen gewissen Grenzwert unterschritten, dann schmilzt jeweils ein Großteil des Meereises, so dass in jedem Sommer große eisfreie Gebiete entstehen.

Im Vergleich zur Eisfläche, die relativ gut von Satelliten vermessen werden kann, ist die Eisdickenverteilung im Nordpolarmeer wesentlich schlechter bekannt. Das Alfred-Wegener-Institut leistet mit Hubschrauber geschleppten Messgeräten einen Beitrag zur Abschätzung des arktischen Eisvolumens und seiner Variabilität. So stehen inzwischen Daten von mehr als 15 Jahren zur Verfügung, die unter anderem eine Abnahme der Eisdicke in der Zentralarktis belegen.

Allerdings erfassen die Messungen nach Angaben der Forscher längst nicht alle relevanten Teile des Nordpolarmeers. Dafür sind die Reichweiten der Hubschrauber zu gering. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Meereis lediglich mechanisch umverteilt worden ist“, sagt Gerdes. Er erläutert weiter: „Unsere Modellrechnungen zeigen, dass windbedingter Eistransport von der östlichen in die westliche Arktis ein wichtiger Faktor für die großen eisfreien Flächen nördlich der sibirischen Schelfmeere im Jahr 2007 war.“

EM-Bird direkt vor dem Start vom Polarstern Helikopter-Deck, August 2007, Zentralarktis © Stefan Hendricks / Alfred-Wegener-Institut

Geringe Eisbedeckung ermöglicht Meeresbodenvermessung

Die geringe Meereisbedeckung im Nordpolarmeer ist nach Angaben der Wissenschaftler zwar alarmierend, sie hat aber auch Vorteile. So können die Wissenschaftler an Bord des Forschungsschiffes Polarstern derzeit in Regionen den Meeresboden vermessen und Sedimentproben nehmen, in die sie noch vor wenigen Jahren nicht hätten vordringen können.

Zwar fährt die Polarstern auf ihrer neuen Expedition mit nördlichem Kurs Richtung 80. Breitengrad mittlerweile durch dichtes Packeis. Da es sich aber überwiegend um dünnes einjähriges Meereis handelt, kann es gut gebrochen werden. Bisher konnten die Forscher alle geplanten Arbeiten weitgehend ungehindert durchführen.

(idw – Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 02.10.2008 – DLO)

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