Schwebteilchen aus unterschiedlichen Quellen beeinflussen das Klima auf ähnliche Weise. Solche Aerosole spielen bei der Bildung von Wolken und Niederschlag eine große, bislang aber nicht völlig geklärte Rolle. Doch organische Aerosole nehmen sehr ähnliche Eigenschaften an, wenn sie eine Weile in der Luft bleiben und dabei chemisch altern – egal ob es sich um organische Stoffe handelt, die Pflanzen, Dieselmotoren oder Industrieanlagen freisetzen. Das hat ein internationales Forscherteam nun festgestellt. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass die Aerosole auch auf ähnliche Weise ins Klima eingreifen.
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Das macht es leichter, ihren Beitrag in Klimamodellen zu berücksichtigen, schreiben die Forscher in „Science“. Bislang gingen sie davon aus, dass die Wirkung der Aerosole von ihrer Quelle und ihren chemischen Veränderungen in der Atmosphäre abhängt.
Aerosole fördern Wolkenbildung
Neue Erkenntnisse machen Klimaforschern das Leben nicht immer leichter – im Gegenteil: Meist stellt sich mit jedem neuen Detail heraus, dass das Klima komplizierter ist als angenommen. Von daher haben die Wissenschaftler von fast dreißig Forschungseinrichtungen weltweit jetzt einen besonderen Grund zur Freude. Ihre Erkenntnisse vereinfachen die Lage nämlich ausnahmsweise.
Die Forscher haben organische Aerosole von ganz unterschiedlichen Quellen analysiert. Dabei beobachteten sie, dass sich die Partikel anders als bislang angenommen in mancher Hinsicht ähneln. Vor allem in den Eigenschaften, die ihren Einfluss auf die Wolkenbildung und somit auf das Klima bestimmen. Und der könnte die Erderwärmung bremsen, weil die organischen Aerosole vermutlich die Bildung von Wolken fördern.
30 Messstationen in der nördlichen Hemisphäre
Das Forscherteam hat im Rahmen der neuen Studie an 30 Messstationen in der nördlichen Hemisphäre die Zusammensetzung der Aerosole analysiert. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie und der Universität Mainz steuerten dazu Analysen aus ihrer Heimatstadt und aus dem Taunus bei. Dort wie auch an allen anderen Untersuchungsorten fanden die Forscher in den Partikeln zwar unterschiedlich hohe Anteile an verschiedenen anorganischen Substanzen wie Sulfaten und Nitraten und organischen Stoffen.
„Wir waren aber überrascht, wie sehr sich die organischen Bestandteile der Aerosole ähnelten, egal ob sie aus dem Zentrum von Mexiko City, einer Insel Japans, dem finnischen Wald oder den Schweizer Alpen stammten“, sagt Jose-Luis Jimenez, Wissenschaftler an der Universität von Colorado in Boulder und Leiter des internationalen Teams.
Organische Stoffe mit wichtiger Rolle
Organische Stoffe machen je nach Messort 20 bis 90 Prozent aller Aerosole aus, die kleiner als ein Mikrometer sind. Die Schwebteilchen – nicht nur organische Partikel, sondern auch Ruß und anorganische Sulfat- oder Nitratteilchen – tragen zum einen zur Luftverschmutzung bei und verursachen vor allem in Smog-geplagten Städten Erkrankungen der Atemwege. Zum anderen beeinflussen sie das Klima, weil sie Sonnenlicht reflektieren oder aufnehmen, und die Atmosphäre so kühlen beziehungsweise aufheizen. Zudem dienen sie als Kondensationskeime für Wolken- und Regentröpfchen. Wolken wiederum reflektieren Sonnenlicht und bremsen so die Erderwärmung.
Bislang gingen Atmosphärenforscher davon aus, dass organische Substanzen in Aerosolen die Wolkenbildung nicht fördern. Doch das stimmt nicht, wie die neuen Ergebnisse zeigen.
Unterschiede verwischen
In den Feldmessungen und Laborversuchen untersuchte das Team die organischen Komponenten eingehender. Demnach verwischen chemische Reaktionen in der Atmosphäre die Unterschiede, die zunächst zwischen den freigesetzten organischen Stoffen bestehen. „Den Einfluss der organischen Aerosole auf das Klima zu kalkulieren wird daher leichter“, sagt Stephan Borrmann, Professor für experimentelle Meteorologie an der Universität Mainz und am Max-Planck-Institut für Chemie: „Auch wenn sie ursprünglich aus unterschiedlichen Quellen stammen, haben am Ende wahrscheinlich alle einen sehr ähnlichen Effekt.“
Und dieser Effekt dürfte klimafreundlicher sein als bislang angenommen. Denn wie die Forscher herausgefunden haben, entstehen dabei vor allem Stoffe, an denen Wolkentröpfchen besser kondensieren als an den Ausgangsstoffen. „Die organischen Aerosole tragen also womöglich mehr zur Wolkenbildung bei als wir bislang dachten“, sagt Johannes Schneider, der am Max-Planck-Institut für Chemie an der Untersuchung mitgearbeitet hat.
Die organischen Substanzen, die zunächst in die Atmosphäre gelangen, sind so unterschiedlich wie ihre Quellen: Dieselfahrzeuge stoßen Reste von Treibstoff aus, Bäume setzen gasförmige Terpene frei, und aus Industrieanlagen entweicht noch eine Menge anderer Substanzen. Je länger sich diese Stoffe in der Atmosphäre befinden, desto stärker werden sie oxidiert. Dabei entstehen zwar je nach Ausgangsstoff andere Substanzen, in allen Reaktionsprodukten der Atmosphärenchemie steigt allerdings der Sauerstoffgehalt. Das führt dazu, dass die Verbindungen sich bevorzugt an vorhandenen Teilchen anlagern oder sogar neue Teilchen bilden. Dabei vermischen sie sich auch mit anorganischen Stoffen.
Weitere Untersuchungen geplant
Am Ende kommen nach Angaben der Forscher Partikel heraus, die sich zumindest in ihren physikalischen Eigenschaften sehr ähneln. Und die sind für die Klimawirkung entscheidend – zum Beispiel für die Wolkenbildung: Die Wissenschaftler haben untersucht, wie gut die Partikel Wasser aufnehmen – je mehr Wasser sie aufsaugen, desto effektiver sollten sie als Kondensationskeime für Wolken und Regentropfen wirken. Maßgeblich dafür ist demnach ihr Sauerstoffgehalt, also wie stark sie bereits oxidiert wurden.
Dass die Partikel, die im Labor mehr Wasser aufnehmen, in der Atmosphäre tatsächlich auch zur Wolkenbildung beitragen, wollen die Forscher am Mainzer Max-Planck-Institut nun in weiteren Untersuchungen beweisen. „Wir wollen mit einem Forschungsflugzeug Wolkentröpfchen sammeln und analysieren, ob wir darin Aerosole mit einem hohen Anteil chemisch gealterter organischer Substanzen finden“, sagt Schneider: „Erst dann wissen wir, ob diese die Wirkung haben, von der wir jetzt ausgehen.“
(Max-Planck-Gesellschaft, 11.12.2009 – DLO)