Technik

Autonome Drohne für die Höhlenkartierung

Flugroboter kann Laserscans selbst in Höhlen und anderen Orten ohne GPS durchführen

KArtierte Höhle
Diese Höhle hat die PULSAR-Drohne selbständig mittels LIDAR erkundet und kartiert. © Chen et al./ Science Robotics 8, eade4538 (2023)

Kein Licht oder GPS nötig: Forscher haben eine Drohne entwickelt, die auch ohne GPS-Ortung und im Stockdunkeln selbstständig Gebiete abfliegen und sie mittels LIDAR-Laserscan kartieren kann – beispielsweise das Innere von Höhlen, Bunkern oder Gängen. Der Flugroboter navigiert völlig autonom und tastet seine Umgebung ab, indem er sich und seinen LIDAR-Scanner ständig um die eigene Achse dreht. Dabei umfliegt er selbständig Hindernisse und kann sogar einem geworfenen Ball ausweichen.

Drohnen sind längst unverzichtbare Helfer. Die autonomen und halbautonomen Fluggeräte liefern Ansichten aus der Vogelperspektive, kartieren verschiedenste Strukturen und Gelände und helfen bei Überwachungsaufgaben aller Art. Doch es gibt einen Haken: Weil die meisten autonomen Drohnen auf Basis von Kameras und GPS-Ortung navigieren, sind sie im Dunkeln und ohne Satellitenempfang nicht einsetzbar. In dichten, dunklen Wäldern, massiven Gebäuden oder in Höhlen und unterirdischen Gängen scheitern sie bisher.

DRohne
Aufbau der rotierenden PULSAR-Drohne. © Chen et al./ Science Robotics 8, eade4538 (2023)

Rotierender Flugroboter als Kartierungshelfer

Doch das ändert sich jetzt: Ein Team um Nan Chen von der Universität Hongkong hat nun eine Drohne entwickelt, die autonom und ohne GPS-Unterstützung 3D-Laserscans ihrer Umgebung durchführen kann. Die PULSAR getaufte Drohne findet nicht nur ihren Weg und weicht dabei selbstständig Hindernissen aus, sie ist auch ein besonders sparsamer und effizienter Kartierungshelfer, wie die Forscher erklären.

Dies macht die neuartige Drohne besonders geeignet, um beispielsweise schwer zugängliche Höhlen und Gänge zu kartieren. Aber auch in dichten Wäldern oder Innenräumen navigiert die PULSAR-Drohne kollisionsfrei und autonom, wie erste Tests belegten. Der Clou dabei: Weil sich der Flugroboter beim Flug ständig um die eigene Achse dreht, hat er ein 360 Grad umfassendes Sichtfeld und kann dies sowohl für die Navigation als auch für das Laserscanning mittels LIDAR nutzen.

Nur ein Rotor und ein Laserscanner

Anders als gängige Quadrocopter hat der neue Flugroboter nur einen zentralen Rotor. Er verleiht ihm den Vortrieb und steuert seine Flugrichtung durch entsprechendes Neigen der Propellerblätter und des Rotors, wie das Team erklärt. Gleichzeitig versetzt die Rotordrehung den gesamten Rumpf der Drohne in eine Gegenrotation. Unter normalen Umständen würde sich das Fluggerät dadurch nur auf der Stelle drehen, doch seitliche Bremsflügel und das spezielle Design des Rotors verhindern dies und bremsen die Eigenrotation auf rund 2,7 Umdrehungen pro Sekunde.

Die zweite Kernkomponente der Drohne ist die LIDAR-Einheit. Der darin verbaute Laser tastet die Umgebung kontinuierlich ab und kann so 240.000 Punkte pro Sekunde in einem rund 70 Grad breiten Sichtkegel erfassen, wie Chen und sein Team erklären. Weil die Drohne kontinuierlich rotiert, verschafft ihr dies einen hochaufgelösten Rundumblick. Das LIDAR dient dem Flugroboter damit einerseits als Navigationshilfe, andererseits kann er damit seine Umgebung hochaufgelöst kartieren.

Flexible Navigation auch unter erschwerten Bedingungen

Wie gut die PULSAR-Drohne autonom navigieren kann, testeten die Forscher unter anderem in einem dichten Wald bei Dunkelheit. „Der Routenplaner des Flugroboters generierte dabei automatisch eine geeignete Flugbahn, die jeweils vom aktuellen Standort der Drohne zum nächsten Wegpunkt führte“, erklärt das Team. Diesem Weg folgte die Drohne dann, ohne dass sie mit Hindernissen wie Ästen, Baumstämmen oder Blättern kollidierte. In ergänzenden Tests in einem Innenraum blieb sie auch bei plötzlichen Windböen – verabreicht mit einem großen Ventilator – stabil in der Luft und wich nur wenige Zentimeter von ihrer Position ab, wie Chen und seine Kollegen berichten.

Interessant auch: Die Drohne kann sogar auf dynamische Hindernisse reagieren. Wurde sie mit einem Ball beworfen, erkannte sie das sich nähernde Objekt schnell genug, um einer Kollision auszuweichen. „Diese Ergebnisse zeigen, dass PULSAR agile Bewegungen ausführen kann und seine Umgebung in allen horizontalen Richtungen im Auge behalten kann“, so die Forscher. Weil die Drohne bei ihrem Flug nur einen Rotor nutzt, benötigt sie zudem rund 26 Prozent weniger Energie als Quadrocopter ähnlicher Größe und Nutzlast.

„Wie im Film Prometheus“

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte die PULSAR-Drohne damit die bestehende Lücke in der drohnengestützten Kartierung schließen. Denn sie kann auch dort autonom agieren, wo es weder Licht noch GPS gibt. „Im Spielfilm ‚Prometheus‘ wird eine selbstrotierende Drohne eingesetzt, um in Echtzeit die 3D-Karte einer Höhle zu erstellen – etwas ganz Ähnliches machen wir nun in unserer Forschung“, sag Chen. Einen ersten Praxistest in einer Höhle hat PULSAR bereits erfolgreich absolviert.

Die PULSAR-Drohne könnte aber auch dazu eingesetzt werden, um beispielsweise Rettungsmissionen in unübersichtlichem Gebiet zu unterstützen oder bei Umwelterhebungen zu helfen. Denn je nach Einsatzzweck kann sie auch weitere Sensoren tragen. „Die Drohne kann in verschiedensten Umgebungen sicher navigieren und dadurch Tag und Nacht Umweltdaten sammeln“, so das Team. (Science Robotics, 2023; doi: 10.1126/scirobotics.ade4538)

Quelle: American Association for the Advancement of Science (AAAS)

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