Naturkautschuk stammt vorwiegend aus Gummibäumen in Südostasien. Doch seit einiger Zeit bedroht ein Pilz diese Kautschukquelle. Fraunhofer-Forscher haben deshalb jetzt russischen Löwenzahn so optimiert, dass er sich ebenfalls für die großangelegte Kautschukproduktion eignet.
Wer als Kind Löwenzahnblüten gepflückt hat, kennt die weiße Flüssigkeit, die dabei aus den Stengeln austritt. Zäh, klebrig – und ein begehrtes Material: Naturkautschuk. Etwa 30.000 Produkte des täglichen Lebens enthalten dieses natürliche Gummi. Autoreifen, Katheterschläuche, Latexhandschuhe, Verschlusskappen von Getränkeflaschen sind nur einige Beispiele. Autoreifen beispielsweise wären ohne den Naturkautschuk nicht elastisch genug.
Gummibäume als Quelle
Der Großteil dieses Materials stammt aus Gummibäumen in Südostasien. Der so gewonnene Kautschuk kann jedoch allergische Reaktionen hervorrufen, was besonders bei Klinikartikeln problematisch ist. Zudem erschwert ein Pilz den Anbau: In Südamerika hat er die Pflanzen in solchem Ausmaß befallen, dass sie kaum großflächig kultiviert werden konnten.
Die Krankheit scheint nun auch den Kautschukgürtel in Südostasien erreicht zu haben. Noch lässt sich der Pilz mit Fungiziden eindämmen. Würde er sich jedoch flächendeckend ausbreiten, hätten auch die Chemikalien keine Chance mehr – Experten befürchten, dass die Naturkautschukindustrie in diesem Fall zusammenbricht.
Bald großangelegte Kautschukproduktion aus Löwenzahn?
Forscher versuchen daher, andere Quellen zu nutzen – etwa russischen Löwenzahn. Aus ihm gewannen Deutsche, Russen und U.S. Amerikaner bereits im zweiten Weltkrieg Kautschuk. Wird die Pflanze verwundet, tropft er aus der Pflanze heraus. Er ist jedoch schwer zu nutzen, weil er sofort polymerisiert.
Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME in Aachen sind der großangelegten Kautschukproduktion aus Löwenzahn nun einen Schritt näher gekommen. „Wir haben das Enzym gefunden, das für die schnelle Polymerisation verantwortlich ist und haben dieses ausgeschaltet“, sagt Professor Dirk Prüfer vom IME.
500 bis 1.000 Kilogramm Latex pro Hektar
„Wird die Pflanze beschädigt, fließt das Latex heraus statt zu polymerisieren. Wir erhalten etwa die vier- bis fünffache Menge wie üblich. Würden die Pflanzen großtechnisch angebaut, ließen sich so auf einem Hektar 500 bis 1.000 Kilogramm Latex pro Vegetationsperiode produzieren“, so Prüfer weiter. Der Löwenzahn-Kautschuk ruft bisher keine Allergien hervor und wäre daher besonders geeignet für den Einsatz in Kliniken.
Im Labor haben die Forscher den Löwenzahn gentechnisch verändert. In einem weiteren Schritt arbeiten sie daran, die optimierten Pflanzen auf klassischem Weg zu züchten. In etwa fünf Jahren, schätzt Prüfer, könnten sie ihr Ziel erreicht haben. Übrigens eignet sich der Löwenzahn nicht nur für die Kautschukproduktion: Die Pflanze stellt zudem sehr große Mengen des Süßstoffs Indulin her.
(idw – Fraunhofer-Gesellschaft, 02.09.2009 – DLO)