Effektiver Gasfänger: Eine ultradünne Schicht eines flüssigen Salzes könnte das Abscheiden von Kohlendioxid aus der Luft voranbringen, wie eine Studie nahelegt. Demnach kann die 2D-Form solcher ionischen Flüssigkeiten gut zehnmal mehr CO2 binden und ist strukturell robuster als die dreidimensionale Form solcher Salze. Ursache dafür ist eine stabile Schachbrett-Konfiguration, die die Ionen in dieser einschichtigen Verbindung annehmen.
Die CO2-Abscheidung und -Umwandlung (CCU) gilt als wichtige Technologie für den Klimaschutz. Denn das Abtrennen des Kohlendioxids aus Abgasen oder der Umgebungsluft wirkt dem Treibhauseffekt entgegen, vor allem, wenn das CO2 langfristig in Gesteinen oder Baustoffen gebunden wird. Aber auch synthetische Treibstoffe können mittels CO2-Capture und anschließender chemischer Weiterverarbeitung des CO2 erzeugt werden.
Ionische Flüssigkeiten als CO2-Falle?
Doch die Technologien für ein effektives CO2-Capture stehen erst am Anfang. Bisher werden in solchen Anlagen meist flüssige Absorber in Form von Aminen eingesetzt, die aber vergleichsweise viel Energie benötigen, um das gebundene CO2 anschließend wieder freizugeben. Auch metallorganische Gerüstverbindungen oder spezielle Membranen kommen als Absorber in Frage, sind aber erst im Teststadium.
Einen weiteren, vielversprechenden CO2-Absorber stellen nun Yanlei Wang und seine Kollegen von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking vor. Basis ihrer Studie bildet eine ionische Flüssigkeit. Dabei handelt es sich um aus Ionen bestehende Salze, die schon bei Temperaturen von unter 100 Grad schmelzen, aber nur sehr schwer verdampfen. Meist bestehen diese Flüssigkeiten aus organischen, ringförmigen Aminverbindungen wie Imidazolen, die mit einem negativ geladenen, halogenhaltigen Partner kombiniert werden.
Schachbrett mit ungewöhnlichem Schmelzverhalten
Für ihre Studie haben Wang und sein Team eine spezielle Form eines solchen Salzes untersucht: eine nur aus einer Moleküllage bestehende Schicht. Diese zweidimensionale ionische Flüssigkeit entstand beim Aufdampfen der Moleküle auf bestimmte Metallunterlagen unter ultrakalten Bedingungen. „Die Kationen und Anionen ordneten sich dabei in einem regelmäßigen Schachbrettmuster an“, berichtet das Team.
Wurde nun die Temperatur allmählich erhöht, begann die ionische Schicht – anders als die normale 3D-Form – in drei Schritten zu schmelzen: „Die ionischen 2D-Flüssigkeiten zeigen einen anomalen, mehrschritten Schmelzungsprozess“, so die Forschenden. Dabei veränderten die Ionen erst ihre Ausrichtung, blieben aber am Platz. Dann stellten sich Kationen quer zur Schichtebene, behielten das Schachbrettmuster aber noch immer bei. Erst im dritten Stadium kam es zur freien Bewegung der Ionen in der Schmelze.
Mehr CO2-Aufnahme, leichte Desorption
Was aber bedeuten diese grundlegenden Eigenheiten für das CO2-Capture? Auch das hat das Team experimentell untersucht. Das Ergebnis: Die 2D-Konfiguration fördert die CO2-Adsorption von ionischen Flüssigkeiten. „Die Dichte des gebundenen CO2 war in der 2D-Form fast doppelt so hoch wie bei der dreidimensionalen Variante“, berichten Wang und sein Team. „Die CO2-Adsorption war um mindestens eine Größenordnung verbessert.“ Die Chemiker führen dies vor allem darauf zurück, dass im Schachbrett-Gitter der Moleküle vermehrt ungesättigte Wasserstoffbrücken freiliegen, an die das CO2 binden kann.
Doch das 2D-Salz kann das CO2 nicht nur relativ effektiv binden, es gibt das Treibhausgas auch bereitwillig und unter relativ geringem Energieaufwand wieder ab: Schon bei einer Erwärmung auf 26 bis 90 Grad lösten sich die Bindungen wieder und das CO2 wurde frei. Positiv auch: Bei der Desorption bleibt das „Schachbrett“ des zweidimensionalen Salzfilms stabil bestehen. Die Erwärmung stellt die Moleküle zwar quer, reicht aber nicht, um die Gesamtstruktur aufzulösen.
Nützliche Helfer bei der Gasabscheidung
Nach Ansicht von Wang und seinem Team könnten ionische 2D-Flüssigkeiten damit als robuste und effiziente Helfer beim CO2-Capture und anderen Formen der Gasabscheidung dienen. Durch gezielte Wahl der Metallunterlage ließen sich die Struktur und Adsorptionsverhalten dieser Schichten zudem noch weiter optimieren, wie sie berichten. (Cell Reports Physical Science, 2022; doi: 10.1016/j.xcrp.2022.100979)
Quelle: Chinese Academy of Sciences