Eine 13 Megawatt starke Prototypanlage zur umweltfreundlichen Nutzung von Biomasse entsteht jetzt in Herten, Kreis Recklinghausen. Der 42 Meter hohe „Blaue Turm“ soll in Zukunft Grünabfälle zur Wasserstoff- und Stromproduktion verwenden.
{1r}
„Der Blaue Turm wird ein wesentlicher Baustein des Wasserstoff-Kompetenz-Zentrums der Stadt und ein Zeichen für den erfolgreichen Strukturwandel in der Energiestadt Herten – von der ehemals großen Bergbaustadt hin zur führenden Wasserstoffstadt“, sagte NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben gestern anlässlich der Grundsteinlegung des Demonstrationsprojektes auf dem Gelände der ehemaligen Zeche „Ewald“.
Blaues Gas als Produkt
Im Blauen Turm wird aus Straßenbegleitgrün zunächst ein sauberes, wasserstoffreiches Produktgas – das so genannte „Blaue Gas“ – hergestellt, das zur Stromerzeugung für rund 12.000 Haushalte in einem Blockheizkraftwerk verwendet wird. Zusätzlich kann die Anlage in der ersten Ausbaustufe bis zu 150 Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde produzieren, der dem benachbarten Wasserstoff-Kompetenzzentrum bereitgestellt werden soll – ein Vorhaben der Stadt am Zukunftsstandort Ewald, in das der Blaue Turm konzeptionell eingebunden ist.
Die Prototypanlage wird rund 17,8 Millionen Kubikmeter Erdgas und rund 15.000 Tonnen Kohlendioxid im Jahr einsparen. Im Blauen Turm H2Herten werden rund zehn Mitarbeiter beschäftigt sein. Rund 40 weitere Arbeitsplätze entstehen mittelbar im Service- und Zuliefergewerbe. Das der Anlage zugrunde liegende Verfahren ist von dem Techniker Heinz-Jürgen Mühlen erfunden und entwickelt worden. Mit dem „Blauen Turm“ wird diese neuartige Verfahrenstechnologie erstmals im großtechnischen Maßstab demonstriert.
Auch Olivenkerne oder Hühnermist nutzbar
„Die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik `made in NRW` hat eine Spitzenstellung in der Welt. Sie trägt zur Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen bei und leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz“, so Thoben. Die H2Herten GmbH will das Demonstrationsprojekt noch in diesem Jahr in Betrieb nehmen. Ziel der Anlage ist es, den Nachweis der Marktreife der Technologie zu erbringen, um sie im Anschluss weltweit zu vermarkten.
Dazu Heinz-Jürgen Mühlen, Geschäftsführer der H2Herten GmbH und Patentinhaber: „Unsere Technologie benötigt keine Lebens- oder Futtermittel. Vielmehr verwertet sie regenerative Reststoffe, die nahezu überall verfügbar sind. Anders als bei den bekannten Technologien der Biomassenutzung können wir daher sehr unterschiedliche Eingangsstoffe nutzen, so dass sich weltweit ein nahezu unbegrenztes Potenzial an Standorten ergibt. So können in anderen Regionen auch Olivenkerne oder Hühnermist als Eingangsmaterialien genutzt werden.“
Technologie des Blauen Turms
Die Verwertung regenerativer Reststoffe zur Erzeugung von Energie oder Wasserstoff beruht auf dem Prinzip der gestuften Reformierung. Dabei werden die Eingangsstoffe durch Thermolyse bis auf einen geringen Feststoffanteil in Gas umgewandelt. Das entstehende Gas wird durch Reformierung zu einem sauberen, klimaneutralen Produktgas, dem Blauen Gas, veredelt. Die Reaktionswärme für Thermolyse und Reformierung wird im Wesentlichen durch Verbrennung aus dem Feststoffanteil gewonnen. Das Blaue Gas kann unter anderem zur Wasserstoff- und Stromerzeugung genutzt werden.
(Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie NRW/Blue Tower GmbH, 06.03.2009 – DLO)