Einwandernde Pflanzen und Tiere profitieren von der Globalisierung: Weltweit dringen sie über Reise- und Handelsrouten in neue Gebiete vor und verdrängen einheimische Arten. Am erfolgreichsten breiten sie sich in wirtschaftlichen Ballungszentren aus. Dies hat jetzt ein internationales Forscherteam herausgefunden.
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Für die biologische Invasion nicht-einheimischer Tier- oder Pflanzenarten sind demnach nicht etwa geografische oder klimatische Faktoren bestimmend, sondern in erster Linie der Faktor „Mensch“, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS).
„In reichen Ballungszentren sind die menschlichen Aktivitäten am höchsten – zum Beispiel Reisen mit Einfuhr und Freisetzung nicht-einheimischer Haustiere oder unbeabsichtigtes Einschleppen beim Handel mit Landwirtschaftsprodukten“, erklärt Professor Wolfgang Nentwig vom Berner Institut für Ökologie und Evolution.
Umfassende Modellberechnungen
In umfassenden Modellberechnungen kombinierten die Wissenschaftler Daten zu invasiven Tier- und Pflanzenarten mit verschiedenen Faktoren, die als förderlich für eine Ausbreitung dieser Arten in Europa gelten. Die Modelle zeigen: Für eine erfolgreiche Bio-Invasion braucht es zwar günstige natürliche Bedingungen – aber den Ausschlag geben ökonomische und demografische Faktoren.
So war die Ausbreitung in stark besiedelten und wirtschaftlich reichen Gebieten mit mehr als 91,1 Einwohnern pro Quadratkilometer und einem Pro-Kopf-Einkommen von ungefähr 250.000 U.S.-Dollar am höchsten. Am wenigsten fremde Arten fanden sich in Gebieten mit weniger als 8,5 Einwohnern pro Quadratkilometer, unabhängig vom dort herrschenden Wohlstand.
Bio-Invasion bekämpfen, ohne die Wirtschaft zu hemmen
Bevölkerungswachstum, Handel und Reichtum: Dies sind laut den Forschern die Ursachen für die immer stärkere Einschleppung invasiver Arten. „Dies stellt uns vor große Herausforderungen“, meint Nentwig. „Wie können die negativen Effekte von verstärktem Reise- und Handelsverkehr begrenzt werden, ohne das Wirtschaftswachstum zu hemmen?“
Laut den Wissenschaftlern ließe sich zum Beispiel der Marktpreis von „Risikoartikeln“ wie neuen, gezielt eingeführten Heimtieren und Pflanzenarten verteuern – entsprechend den Folgekosten, die bei ihrer Freisetzung und Ausbreitung entstehen würden. International wäre dies aber nur schwer umsetzbar und würde zudem die Gefahr von Missbrauch bergen, um Protektionismus zu betreiben, so die Forscher.
EU: Zehn Milliarden Euro Kosten durch invasive Arten
Sie fordern daher die Politik zum Handeln auf. Bereits heute kostet die Bekämpfung invasiver Arten, etwa die Eindämmung von Schädlingen in der Landwirtschaft, die Europäische Union über zehn Milliarden Euro pro Jahr. „Es braucht eine Zusammenarbeit von wissenschaftlichen und politischen Institutionen, um diejenigen Einflüsse noch genauer zu bestimmen, welche die Bio-Invasion am meisten begünstigen“, ist Nentwig überzeugt. Nur so könnten politische Akteure die Ausbreitung invasiver Arten abschätzen und bekämpfen, ohne ganze Wirtschaftszweige zu behindern.
(idw – Universität Bern, 09.06.2010 – DLO)