Technik

Boost für Ionen-Quantencomputer

Neue Ionenfalle könnte Quantenrechner mit mehr Ionen-Qubits ermöglichen

Ionenfalle für Quantencomputer
Unter der silbernen Kuppel dieser Apparatur liegt eine neu entwickelte Ionenfalle, mit der Qubits Ionen-basierter Quantencomputer künftig einfacher und effizienter kontrolliert werden könnten. © ETH Zürich / Pavel Hrmo

Neue Chancen: Bisher lassen sich Quantencomputer mit Ionen-Qubits nur schwer skalieren – doch das könnte sich nun ändern. Denn Physiker haben eine Methode gefunden, um die geladenen Teilchen mit statischen statt oszillierenden Feldern zu kontrollieren. Dies ermöglicht es, Ionen-Quantencomputer mit weit mehr Qubits als bisher zu entwickeln, und erweitert ihre Einsatzmöglichkeiten, wie die Forscher in „Nature“ berichten. Als Basis für diesen Fortschritt diente eine eigentlich schon bekannte Technik.

Bei Quantencomputern dominieren bisher zwei Varianten: Die Systeme von IBM oder Google nutzen supraleitende Ladungspunkte als Qubits. Der erste mobile Quantencomputer und auch ein 2022 entwickelter nichtbinärer Quantenrechner verwenden dagegen Ionen als Recheneinheiten. Bei Letzteren werden die ultrakalten, geladenen Atome meist in Ionenfallen aus oszillierenden elektrischen und magnetischen Feldern am Platz gehalten, den sogenannten Paul-Fallen.

„Gefangene Ionen in Radiofrequenzfallen gehören zu den führenden Ansätzen bei Quantencomputern, weil mit ihnen hochgradig zuverlässige Quantengatter und lange Kohärenzzeiten möglich sind“, erklären Shreyans Jain von der ETH Zürich und seine Kollegen.

Penning statt Paul

Das Problem jedoch: Die oszillierenden Felder der Paul-Fallen erzeugen Wärme, die die Qubits aufheizt und aus ihrer Überlagerung und Verschränkung reißt. Zudem erfordert die Verschaltung von Qubits spezialisierte Verbindungen zwischen verschiedenen Fallenzonen. Dies begrenzt den Transport von Ionen auf gerade, über Kreuzungen verbundene Linien – und schränkt die Skalierung von Ionen-basierten Quantencomputern ein. Mit Paul-Fallen lassen sich daher nur Quantencomputer mit maximal rund 100 Ionen-Qubits konstruieren.

Doch nun haben Jain und sein Team eine Alternative entwickelt. Sie passten dafür eine andere Form der Ionenfalle an die Bedürfnisse des Quantenrechnens an – die Penningfalle. Diese fixiert die geladenen Atome mit statischen statt oszillierenden Feldern, was die Energieverluste und Wärmeproduktion verringert. Allerdings benötigen die Penningfallen sehr starke Magnete und die Manipulation einzelner Ionen ist schwierig: „Traditionell werden Penningfallen benutzt, wenn man für Präzisionsexperimente sehr viele Ionen einfangen will, diese aber nicht individuell kontrollieren muss“, erklärt Jain.

Penningfalle für Ion
Der Mikrochip mit integrierten Elektroden (gelb) und ein Magnetfeld halten das Ion an einer bestimmten Position in der Schwebe. Über Laserstrahlen und Mikrowellen kann sein Quantenzustand kontrolliert und gemessen werden. © Jain et al./ Nature, CC-by 4.0

Falle kontrolliert Zustand und Bewegung des Ions

Um diese Probleme zu umgehen, konstruierten Jain und sein Team eine neue Variante der Penningfalle. Sie basiert auf einem supraleitenden Magneten, der ein starkes Magnetfeld von drei Tesla erzeugen kann – dies entspricht fast dem Hunderttausendfachen des Erdmagnetfelds. In diesem Magnetfeld liegt ein mikrofabrizierter Chip mit mehreren Elektroden, der ein ebenfalls statisches vierpoliges elektrisches Feld erzeugt. Beides zusammen dient als Falle für ein einzelnes, positiv geladenes Beryllium-Ion.

Das in dieser Falle gefangene Ion schwebt über dem Mikrochip und kann nun mittels Lasern oder Mikrowellen in seinem Quantenzustand kontrolliert und verändert werden – ohne dass die für das quantenphysikalische Rechnen wichtige Überlagerung zusammenbricht. „Wir demonstrieren die vollständige Quantenkontrolle eines Ions in diesem System“, berichten Jain und seine Kollegen. Das Ion wird dadurch zu einem vollwertigen, praktisch nutzbaren Qubit.

Positiv auch: Über die vier Elektroden und das von ihnen erzeugte elektrische Feld lässt sich das Ionen-Qubit in der Penningfalle gezielt bewegen. Anders als bei den gängigen Paul-Fallen sind dabei nicht beliebige Richtungen möglich. Im Experiment nutzten die Forscher dies, um das Ion so von Platz zu Platz springen zu lassen, dass in der Mehrfachmessung der Schriftzug „ETH“ entstand.

Von Ion gezeichneter Schriftzug
Durch Bewegen des Ions in der Penning-Falle haben die Physiker dieses Logo erstellt. Es kommt durch 172 Wiederholungen eines Platzwechsels zustande. © Jain et al./ Nature, CC-by 4.0

Neue Chancen für Ionen-basierte Quantentechnologien

Nach Ansicht der Physiker eröffnet diese Variante der Penningfalle neue Chancen, Ionen-basierte Quantencomputer künftig weiter auszubauen. „Es erleichtert die Umsetzung von großmaßstäbigen Ionenfallen-Quantencomputern, Quantensimulatoren und Quantensensoren“, erklären Jain und sein Team. Denn dank der rein statischen Felder können viele solcher Fallen auf einem Chip untergebracht werden.

Als Nächstes wollen die Forschenden zwei Ionen in benachbarten Penningfallen auf demselben Chip fangen und Quantenoperationen mit mehreren Qubits in einem solchen System ausführen. Damit wäre dann endgültig belegt, dass Quantencomputer mit Ionen in Penningfallen realisiert werden können. „Wir erwarten, dass unser Ansatz es der Ionenfallenphysik ermöglicht, ihre bisherigen Grenzen zu überwinden, und neue Wege im Computing, der Sensorik, der Simulation und Netzwerktechnik eröffnet“, schreibt das Team. (Nature, 2024; doi: 10.1038/s41586-024-07111-x)

Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

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