Urin als Energiequelle: Forscher haben eine Miniaturbrennstoffzelle entwickelt, die aus unseren flüssigen Hinterlassenschaften Strom erzeugen kann. Bisher ist die Ausbeute zwar eher gering. Doch die Technologie hat Potenzial. Denn in der Herstellung ist die Brennstoffzelle äußerst günstig – und der Urin, mit dem sie läuft, ist umweltfreundlich und wird niemals knapp, betonen die Entwickler.
Im Kampf gegen den Klimawandel ist die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen ein wichtiger Baustein. Wissenschaftler forschen daher schon seit Jahren an umweltfreundlicheren Alternativen zur Stromerzeugung– auch im Bereich der Brennstoffzellentechnologie. Forscher haben bereits einen Zelltyp entwickelt, der Energie abfallfrei aus Alkoholen und Zucker liefert. Sogar eine Miniaturbrennstoffzelle, die als Rohstoff körpereigene Moleküle nutzt, wurde bereits erprobt.
Aus Urin wird Strom
Wissenschaftler um Jon Chouler von der University of Bath haben nun eine kleine mikrobielle Brennstoffzelle entwickelt, die den quasi ständig verfügbaren Abfall aus unserem Körper in Energie umwandeln kann: Sie verwertet Urin. „Mikrobielle Brennstoffzellen bergen ein großes Potenzial als nachhaltige und grüne Technologie“, schreiben die Forscher. Das Prinzip hinter den Biozellen: Sie nutzen natürliche biologische Prozesse von Mikroorganismen, um organische Substanzen direkt in elektrische Energie umzuwandeln.
Um diese Reaktion mit dem Urin in Gang zu setzen, nutzen Chouler und seine Kollegen Glucose und das Protein Ovalbumin, das im Eiklar von Vogeleiern vorkommt. Beide Substanzen dienen in der Brennstoffzelle als biologischer Katalysator. Der Vorteil: Anders als der üblicherweise in mikrobiellen Brennstoffzellen verwendete Katalysator Platin sind diese Stoffe den Forschern zufolge nicht nur erneuerbar, sondern zudem weitaus günstiger.
Billig – und ohne schädliche Gase
Doch wie viel Strom lässt sich mit der urinbetriebenen Brennstoffzelle generieren? Für eine möglichst große Effektivität experimentierten die Wissenschaftler unter anderem mit der Länge der Elektroden. Bereits eine Verdopplung von vier auf acht Millimeter konnte den Ertrag um das Zehnfache erhöhen. Fügten sie mehrere Brennstoffeinheiten zusammen stieg das Stromergebnis proportional an.
Eine einzige Brennstoffzelle produziert laut Choulers Team bisher allerdings eher wenig Strom: zwei Watt pro Kubikmeter. Mit anderen Technologien wie Wasserstoff- oder solarbetriebenen Zellen lasse sich das zwar nicht vergleichen – doch immerhin könne man damit zum Beispiel ein Mobiltelefon betreiben. „Der große Vorteil unserer Brennstoffzelle ist jedoch, dass ihre Produktion extrem günstig ist und sie Abfall als Kraftstoff nutzt – Abfall, der nie knapp wird und keine schädlichen Gase produziert“, betonen die Forscher.
Günstiger Strom für arme und entlegene Regionen?
Die Wissenschaftler wollen nun versuchen, das Design ihrer Zelle zu optimieren und so ihre Leistung zu verbessern. „Wenn es uns gelingt, das ganze Potenzial dieses menschlichen Abfalls zu nutzen, könnten wir die Stromerzeugung revolutionieren“, schreiben sie. Besonders nützlich könnte die Brennstoffzelle dabei für Entwicklungsländer sein. Denn die Zelle könnte für einen Stückpreis zwischen einem und 2,50 Euro elektrische Energie in entlegene und arme Regionen bringen.
„Eine Technologie kreiert zu haben, die womöglich das Leben armer Menschen grundlegend verändern könnte, ist eine aufregende Aussicht. Ich hoffe, dass unsere Forschung diesen Leuten eines Tages einen besseren Lebensstandard ermöglichen kann“, schließt Chouler. (Electrochimica Acta, 2016; doi: 10.1016/j.electacta.2016.01.112)
(University of Bath, 19.04.2016 – DAL)