Das Bundeskabinett hat gestern das Energiekonzept 2050 beschlossen, das „eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“ sichern soll. Neben Zielen in den Bereichen Energieeffizienz und CO2-Reduzierung sieht das Energiekonzept die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung vor. Ein Baustein ist aber auch die Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke.
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Das sichert nach Angaben der Bundesregierung „einen zuverlässigen und bezahlbaren Energiemix, bis der vollständige Umstieg auf erneuerbare Energien gelingt. Zugleich kommen Anteile der zusätzlichen Gewinne aus der längeren Betriebsdauer der Forschung rund um die regenerativen Energien und die Energieeffizienz zugute.“
Harsche Kritik am Energiekonzept 2050 gab es erneut von nahezu allen Umweltschutzorganisationen. Von „sehr enttäuschend und unausgewogen“ über „Rezepte von gestern“ bis hin zu „Konzept der Unvernunft“ reichten die ersten Einschätzungen von WWF, BUND, NABU & Co.
Konzept der Vernunft…
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle bezeichnete dagegen den Fahrplan als „Konzept der Vernunft, das die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig unterstützen“ werde. Er machte deutlich, dass auf dem Weg ins regenerative Zeitalter der Markt und der Wettbewerb Garant für Innovationsschübe sein werden. „Energie muss für die Wirtschaft und Verbraucher bezahlbar bleiben“, betonte Brüderle. Dabei leiste die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke einen wichtigen Beitrag.
In einem ersten Schritt will die Bundesregierung mit einem 10-Punkte-Sofortprogramm bis Ende 2011 besonders vordringliche Maßnahmen umsetzen. Dazu gehören unter anderem ein fünf Milliarden-Kreditprogramm für die zügige Realisierung der ersten zehn Offshore-Windparks vor den deutschen Küsten und eine deutschlandweite zehnjährige Netzausbauplanung.
… oder Wegweiser in die klimapolitische Sackgasse?
„Der vorliegende Entwurf der Bundesregierung für das zukünftige Energiekonzept ist sehr enttäuschend und unausgewogen. Die ursprüngliche Vorlage wurde noch einmal deutlich verschlechtert. Während im Bereich der Laufzeitverlängerung sehr verbindliche Maßnahmen vorgelegt wurden, hat die Regierung das Energiekonzept in zentralen Punkten für Klimaschutz und eine zukunftsfähige Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien weichgespült. Die angekündigten Ziele für Klimaschutz und den Umbau der Energiesysteme sind freiwillig, die Instrumentierung dazu bleibt unkonkret, die Finanzausstattung ist ungenügend“, bewertete der WWF das Energiekonzept 2050 in einer ersten Stellungnahme.
Rezepte von gestern
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) dagegen kritisierte am Energiekonzept der Bundesregierung vor allem, dass unter dem Deckmantel des Ausbaus erneuerbarer Energien veraltete Technologien wie die Atomkraft und die Kohleverstromung gefördert werden sollen. „Mit Rezepten von gestern lässt sich die energiepolitische Zukunft Deutschlands nicht gestalten. Die Bundesregierung hat ein Konzept der Unvernunft beschlossen“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
Auch die Aussage, ein Großteil der Zusatzgewinne aus verlängerten AKW-Laufzeiten fließe in den Umbau der Energieversorgung, werde durch ihre ständige Wiederholung nicht richtiger. Wenn von den Zusatzgewinnen für Investitionen in Deutschlands Energiezukunft in der nächsten Dekade lediglich zwei Milliarden Euro zur Verfügung stünden, die Atomkonzerne mit den Laufzeitverlängerungen aber über 100 Milliarden mehr verdienten, dann nütze dies vor allem den Energie-Oligopolen. Die aber hätten nur wenig Interesse an erneuerbaren Energien, so Weiger.
NABU: Energiekonzept ist Mogelpackung
„Die Bundesregierung ist an ihrem eigenen Anspruch, ein langfristig angelegtes Konzept zur Energieversorgung in Deutschland zu entwickeln, kolossal gescheitert. Herausgekommen ist eine ideologisch festgelegte und fachlich nicht gerechtfertigte Verlängerung der Atomlaufzeiten, die mit ein paar wohlklingenden und unverbindlichen Absichtserklärungen garniert wurde“, erklärte auch NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
(Bundesregierung Online, WWF, BUND, NABU, 29.09.2010 – DLO)