Unter dem Elektronenmikroskop sehen sie aus wie Pusteblumen – doch es handelt bei ihnen um ein Bündel von Nanodrähten aus Blei und der Aminosäure l-Cystein. Chinesische Forscher haben eine Methode entwickelt, solche Nano-Pusteblumen bei Raumtemperatur und kostengünstig in großem Maßstab herzustellen.
Die Eigenschaften von Nanomaterialien werden nicht nur von ihrer chemischen Zusammensetzung bestimmt, sondern auch von anderen Charakteristika, wie der Struktur und Morphologie, sowie der Form, Größe und räumlichen Anordnung der einzelnen Partikel. Entsprechend wichtig für den Aufbau zukünftiger Nanobauteile ist es, Nanomaterialien mit kontrollierter „Architektur“ herzustellen. Eindimensionale Nanoobjekte beispielsweise, „Nanodrähte“, werden für die Elektronik der Zukunft und zum Aufbau übergeordneter Strukturen gebraucht.
Dank ihrer speziellen Strukturen und faszinierenden Möglichkeiten zur Selbstorganisation gelten Biomaterialien als besonders interessante „Gussformen“ zur Herstellung anorganischer Nanostrukturen. Vor allem die Aminosäure Cystein geht leicht mit anorganischen Kationen und Metallen Koordinationsverbindungen ein.
Nanodraht-Bündel aus Aminosäure und Blei
Die chinesischen Forscher Xiao-Fang Shen und Xiu-Ping Yan haben nun einen neuen, kostengünstigen Weg entdeckt, wie sich unter Mitwirkung der Aminosäure definiert angeordnete Nanostrukturen bei Raumtemperatur unter Atmosphärendruck auch in großem Maßstab herstellen lassen. Es handelt es sich um aufgespreizte Bündel von Nanodrähten aus Blei und der Aminosäure l-Cystein.
Das Forscherteam von der Nankai University in Tianjin ging von einer wässrigen Lösung von Cystein und Bleiacetat aus. Bei Raumtemperatur und unter den gewählten Bedingungen bilden sich daraus spindelförmige Bündel aus Nanodrähten. Diese spreizen auseinander und bilden pusteblumenartige Strukturen mit hochorientierter Morphologie.
Mikrostrukturen aus Halbleitermaterial
Beim Erhitzen unter hydrothermischen Bedingungen zersetzen sich die Pustblumen wieder. Dabei entstehen, je nach Reaktionsbedingungen, hierarchisch aufgebaute Bleisulfid- Mikrostrukturen mit verschiedenen attraktiven Formen: sphärische, nadelförmige und diverse blumenartige Gebilde. Da Bleisulfid ein wichtiges Halbleitermaterial ist, sind für solche Strukutren zahlreiche Anwendungen in der Elektronik denkbar.
„Unser neues Verfahren ermöglicht die einfache kontrollierte Synthese von Nanodrähten und dreidimensionalen Bleisulfid-Mikrostrukturen,“ fasst Yan zusammen. „Außerdem erhoffen wir uns neue Erkenntnnisse über die prinzipiellen Vorgänge bei der Mineralisation, also der Umwandlung bioorganischer Nano- und Mikrostrukturen in anorganische, einen Vorgang, der auch in Lebewesen abläuft und eine wichtige Rolle spielt.“
(Gesellschaft Deutscher Chemiker, 06.09.2007 – NPO)