GFZ

CO2 ab in den Untergrund

Beginn der unterirdischen Treibhausgas-Speicherung in Ketzin

Prinzip der unterirdischen Speicherung von CO2 © GFZ Potsdam

Gestern hat 25 Kilometer westlich von Berlin in Ketzin eine neue Ära begonnen: Die unterirdische Speicherung des Treibhausgases CO2. Im Rahmen des europäischen CO2SINK-Projekts sollen hier in den nächsten zwei Jahren bis zu 60.000 Tonnen Kohlendioxid in über 600 Metern Tiefe injiziert werden.

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Die Forscher vom Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) wollen dabei zusammen mit 18 Partnern aus neun Ländern europaweit erstmals untersuchen, wie das Klimagas dauerhaft in ehemaligen Erdgaslagerstätten und Salzwasser führenden Gesteinsschichten eingebracht und eingelagert werden kann.

Im Vorfeld wurden bereits eine Injektions- und zwei Beobachtungsbohrungen bis in 800 Meter Tiefe erfolgreich abgeteuft, mit modernster Sensorik ausgestattet und erfolgreich getestet. Darüberhinaus sind auch die notwendige Infrastruktur sowie die Injektionsanlage fertiggestellt und die Sicherheit des Untergrundspeichers wurde durch umfangreiche Gutachten belegt.

„Großlabor“ arbeitet unter realistischen Bedingungen

Mit dieser Pilotanlage entsteht ein „Großlabor“, in dem das Verhalten von CO2 im Untergrund unter realistischen Bedingungen untersucht wird. „Heute dürfen eine sichere Energieversorgung und Umweltaspekte nicht mehr voneinander unabhängig betrachtet werden. Die Speicherung des Treibhausgases CO2 ist dabei eine Option zum Zeitgewinn bei der Entwicklung und Einführung CO2- armer Energietechnologien“ erklärt Professor Reinhard Hüttl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen GeoForschungsZentrums.

Und weiter: „Mit dem Projekt CO2SINK in Ketzin steht uns ein weltweit einzigartiges Labor zur Verfügung in welchem wir die Speicherung von CO2 im Untergrund und die Wechselwirkungen mit der Geo- und Biosphäre detailliert untersuchen können. Neben der Verminderung von CO2-Emissionen durch CO2-Abtrennung und Speicherung müssen regenerative – auch grundlastfähige – Energieressourcen erschlossen und Adaptionsstrategien entwickelt werden.“ Für die Speicherung wird CO2 in Lebensmittelqualität verwendet, das beispielsweise in Getränken wie Mineralwässern oder Bier eingesetzt wird.

Ein Labor untertage und Safety First

Die ausgesuchte Gesteinsformation stellt ein natürliches Labor dar, das sich nach Angaben des GFZ wegen seiner Geologie gut für das geplante Vorhaben eignet. Bereits in 400 Metern Tiefe über einem ehemaligen Erdgasspeicher befindet sich eine undurchlässige Deckschicht. Der vorgesehene CO2-Testspeicher wiederum liegt fast doppelt so tief im Untergrund. Mehrere undurchlässige Schichten überdecken den eigentlichen Speicherhorizont. Für die oberste Barriere ist der praktische Nachweis der Dichtheit durch den Betrieb des ehemaligen Erdgasspeichers Ketzin bereits erbracht, so das GFZ.

Weitere undurchlässige Deckschichten befinden sich zwischen dem ehemaligen Speicherhorizont und der jetzt für die Injektion vorgesehenen Gesteinsschicht. Damit existiert an diesem Standort ein natürliches geologisches Multibarrierensystem, das die notwendige Dichtigkeit des Speichers sicherstellt.

In allen drei Bohrungen gewannen die GFZ-Wissenschaftler Bohrkerne, die intensiv untersucht wurden um die Eignung der Gesteinsschichten für die Speicherung sicherzustellen. Die Qualität des Speicherhorizontes und der Abdeckschichten sind für das Forschungsprojekt ideal, da durch die komplexe Struktur des Untergrundes die Auflösung verschiedener Beobachtungstechnologien getestet und verbessert werden kann, so das GFZ.

Areal wird kontinuierlich überwacht

Während der zweijährigen Dauer des Experiments findet eine kontinuierliche Überwachung des Areals von der Oberfläche bis in die Tiefe statt. Es werden Mess-Sonden in die Bohrlöcher eingefahren, um die Eigenschaften der Gesteine in den unterschiedlichen Tiefenlagen mit dreidimensionaler seismologischer Erkundung – ähnlich der Ultraschalldiagnostik in der Medizin – zu quantifizieren. Es kommen zudem geoelektrische und thermische Verfahren zum Einsatz, und es werden die Reaktionen des CO2 mit dem Nebengestein in-situ untersucht.

Das Verhalten der Kohlensäure und ihre Ausbreitung im Untergrund haben die GFZ-Forscher mithilfe von Computersimulationen bereits prognostiziert. Die Beobachtungen in Ketzin werden auch helfen, diese numerischen Modelle zu verbessern.

messtechnische Überwachung mittels 2er Beobachtungsbohrungen am Standort Ketzin, Brandenburg. © GFZ Potsdam

Test des geologischen Untergrundspeichers

Die Zeit seit Abschluss der Bohrarbeiten im September 2007 nutzten die Wissenschaftler, um die Speichereigenschaften zu untersuchen und das Funktionieren der Sensorik zu testen. Dabei wurden seismische, geoelektrische, hydraulische, chemische und biologische Beobachtungen durchgeführt und der Zustand vor Beginn der Injektion aufgezeichnet.

Damit können Änderungen durch die Speicherung von CO2 qualitativ und quantitativ beobachtet und wichtige Rückschlüsse zur optimalen Überwachung von Speichern gewonnen werden. Alle Untersuchungen bestätigen, dass CO2 im geologischen Aquiferspeicher in Ketzin problemlos werden kann.

Interessante Abwechslung

Um die Sicherheit der Speicherung zu gewährleisten, hat das dafür zuständige Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR) die Aufsuchung, Entwicklung und Untersuchungen zum Speicherstandort Ketzin fachlich und sicherheitstechnisch begleitet sowie die benötigten bergrechtlichen Genehmigungen erteilt.

„Für uns als zuständige Behörde mit jahrelanger Erfahrung bei der Genehmigung und Überwachung von Untergrundspeichern ist die Zulassung einer CO2-Speicherung eine interessante Abwechslung, da wir hier zum ersten Mal in Europa die Injektion von CO2 in salinaren Aquiferen für Forschungszwecke zulassen“, sagte Klaus Freytag der Präsident des LBGR.

(Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ/Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg, 01.07.2008 – DLO)

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