Zeitenwende in der Physik: In Paris wurde am 16. November die Revision des Internationalen Einheitensystems verabschiedet. Ab dem 20. Mai 2019 werden damit alle SI-Einheiten – Meter, Kilogramm, Sekunde, Mol, Candela, Kelvin und Ampere – auf Naturkonstanten als Bezugsgrößen umgestellt. Damit hat nun auch das Referenzkilogramm, ein Zylinder aus einer Platinlegierung, endgültig ausgedient. Der Vorteil: Die neuen Referenz-Einheiten lassen sich genauer und überall auf dem Globus messen.
Damit eine Einheit etwas nützt, muss sie eindeutig definiert, verlässlich messbar und präzise auf eine Bezugsgröße geeicht sein. Im Idealfall geht sie auf eine Naturkonstante zurück, wie beispielsweise die Sekunde auf Elektronensprünge im Cäsiumatom oder der Meter auf die Laufzeit von Licht im Vakuum. Doch das war bisher nicht für alle Einheiten der Fall. Für Kelvin, Ampere, Mol und Kilogramm stand die offizielle Umstellung auf Naturkonstanten noch aus.
Neue Ära für die Basiseinheiten
Jetzt aber ist es vollbracht: Auf der 26. Generalkonferenz für Maße und Gewichte in Paris haben die Staaten der sogenannten Meterkonvention am 16. November endgültig die Revision des Internationalen Einheitensystems verabschiedet. Sie haben nun auch die Neudefinition der vier noch ausstehenden Einheiten und die dafür zulässigen Messverfahren bestätigt. Damit sind nun alle sieben SI-Basiseinheiten über physikalische Grundkonstanten nachmessbar und eichbar.
„Die Neudefinition der SI-Einheiten ist ein Meilenstein des wissenschaftlichen Fortschritts“, sagte Martin Milton, Direktor des International Bureau of Weights and Measures (BIPM). „Indem wir die fundamentalen Konstanten der Natur als Basis für wichtige Konzepte wie Masse und Zeit verwenden, haben wir eine stabile Grundlage, auf der wir unser wissenschaftliches Verständnis vertiefen können, neue Technologien entwickeln und einige der größten Herausforderungen der Gesellschaft angehen können.“
Neu für Kilogramm, Ampere, Kelvin und Mol
Konkret bedeutet dies: Das seit 130 Jahren als Maß aller Dinge geltende Ur-Kilogramm in Paris hat nun ausgedient. Bisher diente dieser wie ein Schatz gehütete Platinzylinder als Referenz für alle Eichgewichte weltweit. Jetzt treten zwei physikalische Messverfahren an seine Stelle. Eines nutzt eine sogenannte Watt-Waage und damit elektromagnetische Kräfte als Messhilfe, das andere die Teilchenzahl in einer Siliziumkugel. Beide lassen sich letztlich auf die Planck-Konstante zurückführen – und damit eine Naturkonstante.
Ebenfalls offiziell anerkannt wurden bei der Generalversammlung die neuen Messverfahren für das Ampere, das Kelvin und das Mol. Alle elektrischen Einheiten inklusive des Ampere werden künftig über Quanteneffekte oder durch Zählen von Elektronen pro Zeit auf die Elementarladung des Elektrons zurückgeführt. Das Mol wird über die Avogadro-Konstante einer spezifizierten Substanz definiert und das Kelvin über die Boltzmann-Konstante. Sie gibt an, wie die thermische Energie eines Gases und damit die Bewegung der Gasteilchen von der Temperatur abhängt.
Mehr Präzision und Messsicherheit
Die neuen Einheitendefinitionen treten am 20. Mai 2019 in Kraft. Für unseren Alltag wird sich damit nichts ändern, wohl aber für Wissenschaft und Technik. Denn das neue Einheitensystem bildet nun gewissermaßen eine universelle Sprache, auf der alle Forschung weltweit basiert. Der große Vorteil: Das Eichen von Messgeräten wird sehr viel präziser – und damit sind auch genauere und verlässlichere Messungen möglich. „Wir sind nun nicht mehr an die Begrenzungen von Objekten gebunden, sondern besitzen universell zugängliche Einheiten, die uns den Weg zu noch größerer Präzision ebnen und die wissenschaftliche Entwicklung vorantreiben werden“, sagt Barry Inglis, Direktor des Internationalen Komitees für Maße und Gewichte.
Naturkonstanten gelten überall. Damit bildet das neue SI gewissermaßen eine universelle Sprache, auf die sich die Weltgemeinschaft nun verständigt hat.
(PTB/ National Physics Laboratory, 19.11.2018 – NPO)