Geowissen

Daten live vom Berg

Sensornetz liefert Informationen direkt von Matterhorn und Jungfraujoch

Auf dem Hörnligrat am Matterhorn, 3.500 Meter über Meer, übt Jan Beutel Unterhaltsarbeiten am Sensornetz und der Zentralstation aus. © SNF

Seit zwei Jahren ist auf dem Matterhorn ein drahtloses Netzwerk von Sensoren installiert. Damit sammeln Forscher Daten zum besseren Verständnis der Auswirkungen des Klimawandels auf Felsstürze in Permafrostzonen. Diese neue Technologie, die im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts „Mobile Informations- und Kommunikationssysteme“ (NFS MICS) entstanden ist, soll dereinst helfen, in Echtzeit Gebiete zu überwachen, in denen die Gefahr von Bergstürzen und Erdrutschen besonders gross ist.

Seit zwei Jahren zieht das Matterhorn nicht nur Alpinisten in seinen Bann, sondern auch Forschende, die ein drahtloses Netzwerk von Sensoren eingerichtet haben. Diese Sensoren liefern ohne Unterlass – egal, ob es schneit oder stürmt – eine Reihe von Daten zu den Felsbewegungen, den Vorgängen des Gefrierens und Tauens und den Temperaturen im Untergrund. Mit diesen Daten möchten die Forscher verstehen lernen, wie klimatische Veränderungen Felsstürze in Permafrostzonen beeinflussen. Das Endziel der neuen Technologie liegt in der Echtzeit-Überwachung von riskanten Gebieten.

Das Projekt PermaSense wurde 2005 im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts „Mobile Informations- und Kommunikationssysteme“ (NFS MICS) von den beiden Universitäten Zürich und Basel und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich lanciert. Nach der erfolgreichen Entwicklung von Prototypen geht das Projekt nun in die Anwendungsphase über. Zusätzlich ist ein zweites Sensornetz nahe der Forschungsstation Jungfraujoch eingerichtet.

Über Jahre am Berg

Die von den Sensoren gemessenen Daten werden an eine zentrale Station von der Größe einer Kaffeedose geleitet, welche die Daten über das Mobilfunknetz oder WLAN an einen Server sendet. Einfacher gesagt als getan, findet Jan Beutel, Informatik-Forscher an der ETH-Zürich: „Der mobile Internetzugang ist zwar bereits weitgehend entwickelt, es gibt aber noch keine fixfertige Lösung für die zuverlässige Kommunikation zwischen Daten und dem Internet. Wir müssen absolut sicher sein, dass auf dem Weg keine Daten verloren gehen.“ Ausserdem mussten alle Bestandteile des Sensornetzes für die einwandfreie Funktion auch bei Temperaturen von -40°C entwickelt und getestet werden. Jeder Sensor wird von eigens entwickelten Batterien mit einer Lebensdauer von mindestens drei Jahren gespeist.

PermaSense ist im Gegensatz zu den meisten anderen Experimenten langfristig angelegt. Durch den ununterbrochenen Betrieb der Server und Sensoren rund um die Uhr bedeutet die Sammlung der Daten über mehrere Jahre hinweg eine beträchtliche logistische Herausforderung. Der Ersatz eines einzigen Sensors ist ein richtiges Abenteuer: Es braucht einen Helikopter, speziell ausgebildetes Personal – so ist Jan Beutel gleichzeitig Bergführer – und auch die Gunst des Wetters. Ausserdem müssen dann sowohl die Datenbanken als auch die Server angepasst werden.

Informationen für Modelle und Anwendungen

Die Technologie der Sensornetze eröffnet neue Möglichkeiten, Daten von hervorragender Qualität in schwierigem Gelände zu sammeln. In der nächsten Etappe des Projekts sollen diese Daten in nützliche Informationen umgewandelt werden, die sowohl für die verschiedenen Bereiche der Geowissenschaften als auch für die Abschätzung von Naturgefahren aussagekräftig sind. So sieht Stephan Gruber, ein Permafrost-Spezialist am Geographischen Institut der Universität Zürich, in PermaSense die willkommene Gelegenheit, endlich die präzisen Daten zu erhalten, die er für die Ausarbeitung von Computermodellen benötigt.

Für Jan Beutel ist PermaSense dagegen das ideale Projekt, um die Anwendung eines Sensornetzes unter widrigen Umständen zu testen. „Wir möchten eine Symbiose zwischen Wissenschaft und Technologie erreichen.Dazu ist einerseits eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich, andererseits auch die Teilnahme von herausragenden Fachpersonen verschiedener Bereiche“, erklärt der Forscher.

(Schweizerischer Nationalfonds SNF, 25.03.2009 – NPO)

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