Aus Alt mach Neu: Wissenschaftler haben eine Foto-Technik aus dem 19. Jahrhundert genutzt, um hochmoderne holographische Materialien zu belichten. Mithilfe der Lippmann-Fotografie konnten sie einen Film erzeugen, der die dargestellten Farben wechselt, wenn er mechanisch gedehnt wird. Solche Farbwechsel-Filme könnten zukünftig Robotern einen Tastsinn verleihen, geheime Nachrichten verstecken oder auf Belastungen bei Verbänden und Pflastern hinweisen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Materials“ berichten.
Perlmutt, Schmetterlingsflügel, Krebspanzer – in der Natur gibt es einige Oberflächen, die Licht auf besondere Weise reflektieren. Zustande kommt dies meist durch speziell angeordnete Nanostrukturen, die je nach Winkel und Ausrichtung unterschiedlich schimmern. Für Materialforscher waren gleichwertige Strukturen bisher nur schwer zu synthetisieren. Entweder konnten sie nur kleine Proben präzisen Nanomaterials oder größere Mengen mit geringerer optischer Präzision herstellen. „Ein Ansatz, der beides bietet, bleibt schwer zu finden, obwohl er viele potenziell hochwirksame Anwendungen hätte“, erklären Benjamin Miller vom Massachusetts Institut of Technology (MIT) und seine Kollegen.
Holografie und eine gut 100 Jahre alte Fototechnik
Doch die Wissenschaftler haben nun eine Methode vorgestellt, die das Problem von skalierbaren und trotzdem präzisen Nanostrukturen aus der Welt schaffen soll. Die Lösung hierfür kam Miller während eines Besuches im MIT-Museum. Dort wurde er von einem Kurator dazu überredet, sich die Ausstellung über Holografie anzuschauen. „Mir wurde klar, dass in der Holografie in etwa dasselbe gemacht wird, wie es in der Natur bei Strukturfarben der Fall ist“, erzählt Miller.
Inspiriert durch den Museums-Besuch beschäftigte sich Miller mit der Geschichte der Holografie und stieß auf die Lippmann-Fotografie, eine nobelpreisgekrönte Technik, mit der schon im 19. Jahrhundert multispektrale Bilder erzeugt wurden. Lippmann nutzte dafür eine lichtempfindliche Emulsion, die sich zwischen einer Glasplatte und einem Spiegel, beispielsweise aus Aluminium, befand. Eintreffendes und reflektiertes Licht sorgten dann dafür, dass sich die winzigen Körner umstrukturieren und wie kleine Spiegel das Motiv wiedergeben. Ähnlich wie bei der Holografie wurde das Abbild dabei durch die Interferenz zweier Lichtstrahlen erzeugt.