Technik

Die Assembler kommen

Robotersystem ermöglicht Konstruktion komplexer Strukturen aus einfachen Modulen

Assembler
Obwohl sie selbst ziemlich einfach gestrickt sind, können diese Assembler-Roboter selbst komplexe Strukturen aufbauen und instandhalten. © Benjamin Jenett/ MIT

Simpel, aber effektiv: US-Forscher haben eine neue Art von Robotern entwickelt, die aus einfachen, einheitlichen Grundmodulen komplexe Konstruktionen erschaffen können. Das Neue an diesen Assemblern ist ihre enge Kopplung an die Bausteinmodule – sie verleiht den einfachen Robotern komplexe Fähigkeiten. In Zukunft könnten solche Robotersysteme beispielsweise zum Bau von Mondbasen oder Raumstationen eingesetzt werden. NASA und Airbus gehören bereits zu den Sponsoren.

Es ist ein alter Traum der Robotik und Nanotechnologie: Roboter zu erschaffen, die aus einfachsten, einheitlichen Grundbausteinen alle denkbaren Objekte und Strukturen konstruieren können – einschließlich neuer Versionen ihrer selbst. Im Nanomaßstab könnten solche Assembler jedes beliebige Material direkt aus Atomen erzeugen – ähnlich wie im Replikator der Science-Fiction. In größerer Form könnten diese Roboter beispielsweise dabei helfen, künftige Mondbasen oder Marsstationen aus Regolith zu erbauen.

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Assembler-Roboter beim Auf- uns Abbauen verschiedener zwei- und dreidimensionaler Strukturen. © Benjamin Jenett/ MIT

Roboter und Bausteine als ein System

Ein erster Schritt zu solchen Assemblern könnte nun US-Forschern um Neil Gershenfeld vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) gelungen sein. Sie haben Roboter entwickelt, die zwar einfach konstruiert sind, aber aus simplen Bauteilen selbst komplexe Gebilde konstruieren können. Jeder einzelne dieser Assembler ähnelt einem in der Mitte geknickten Arm oder Bein, dessen Enden als Füße und Greifhände gleichermaßen dienen.

Die Besonderheit dieser Roboter besteht darin, dass sie in Form und Funktion eng an die Bauteile gekoppelt sind, aus denen sie ihre Gebilde konstruieren. „Diese relativen Roboter sind der Kern dieser neuen Art der Robotik“, erklärt Gershenfeld. „Man kann den Roboter nicht von der Struktur trennen, beide arbeiten als System zusammen.“ Durch dieses Prinzip muss der Roboter nicht sonderlich komplex oder intelligent sein, ist aber dennoch für unterschiedlichste Konstruktionen einsetzbar.

Orientierung liefert das Material

Beim Prototyp der neuen Assembler bestehen die Grundbauteile aus leichten Kunststoffwürfeln, sogenannten „Voxels“, die über Magnete aneinandergekoppelt werden können. Die Roboter bewegen sich schrittweise auf diesen Modulen umher und stapeln sie nach der ihnen vom Befehlscode vorgegebenen Weise. Im ersten Test konstruierten die Assembler so bereits verschiedenste zwei- und dreidimensionale Strukturen.

Durch ihre Ausrichtung an den Bauteilen benötigen die Roboter dafür kein zusätzliches Navigationssystem: „Solange der Roboter keinen Schritt auslässt, weiß er immer, wo er ist“, erklärt Gershenfelds Kollege Benjamnin Jenett. Ähnlich wie beim Lego die Noppen der Grundplatte die Ausrichtung vorgeben, liefern ihm die Grundbauteile die Orientierung. „Wir müssen dem Roboter keine Präzision beibringen, denn diese kommt aus der Struktur selbst“, erklärt Jenett.

Gruppenarbeit für komplexere Konstruktionen

Ein weiterer Vorteil: Die Assembler können in Gruppen zusammenarbeiten und dadurch selbst große und komplexe Konstruktionen in relativ kurzer Zeit fertigstellen. Möglich wird dies dank einer speziellen Software, die die Roboter koordiniert. Ähnlich wie bei den selbstorganisierten Roboterschwärmen der „Kilobots“ oder der Konstruktionsroboter der Harvard University muss dabei jeder einzelne Roboter nicht sonderlich intelligent sein – die Komplexität entsteht erst durch ihr Zusammenwirken.

Ist die Konstruktion einmal fertiggestellt, können die Assembler bei Bedarf im Einsatz bleiben: Sie bewegen sich dann weiterhin auf dem Bauwerk umher und bessern Schäden aus, die im Laufe der Zeit entstehen. „Bei einer Raumstation oder einem lunaren Habitat würden diese Roboter ständig auf der Struktur leben und sie ständig warten und reparieren“, erklärt Jenett. Sie könnten so beispielsweise Schäden durch Mikrometeoriten beseitigen.

NASA und Airbus als Finanziers

Noch nutzten diese Assembler eher simple, kaum praktisch anwendbare Bausteine für ihre Konstruktionen. Doch das Prinzip dieser „Bipedal Isotropic Lattice Locomoting Explorer“ (BILL-E) getauften lässt sich auch auf andere Materialien und Module übertragen, wie die Forscher erklären. Dadurch könnten solche Roboter beispielsweise zum Mond oder in den Orbit geschickt werden und dort Bauteile für Raumstationen oder Mondbasen konstruieren. Im Falle der Mondstation könnten sie dann genormte Ziegel aus Mondregolith als Baumodule nutzen.

Tatsächlich haben bereits einige potenzielle Anwender Interesse an den Assemblern demonstriert, darunter die NASA und der europäische Flugzeughersteller Airbus. Beide fördern die Arbeit der MIT-Forscher an diesem System in der Hoffnung, solche Roboter in Zukunft praktisch einsetzen zu können. Ob sich diese Hoffnungen bestätigen, wird sich allerdings noch zeigen müssen. (IEEE Robotics and Automation Letters, 2019; doi: 10.1109/LRA.2019.2930486)

Quelle: Massachusetts Institute of Technology

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