Krabbelnde Roboterarmee: Sie sind nur 70 Mikrometer groß, krabbeln mit Solarantrieb und werden zu Millionen auf einmal produziert. US-Forscher haben Mikro-Roboter entwickelt, die autonom agieren und nur Licht als Energiequelle benötigen. Produziert werden sie über ein mehrschrittiges Verfahren in Massenauflage – aus einem kleinen Silizium-Wafer wird eine Armee aus einer Million Mikro-Robotern, wie die Wissenschaftler berichten.
Ob als Drohne, Erkundungshelfer oder Killermaschine: Autonome Roboter sind im Kommen. Selbstständig agierend und unverwüstlich, sollen sie überall dort Aufgaben übernehmen, wo es für Menschen zu gefährlich oder lebensfeindlich ist. Doch neben diesen eher großen, komplexen Robotern arbeiten Forscher auch an kleineren, sozial agierenden Exemplaren. Diese Mini-Roboter sind einzeln zwar eher dumm, können aber im Schwarm selbstorganisiert agieren und so selbst komplexe Aufgaben lösen.
Per Injektion in den Körper
Einen solchen Roboter-Schwarm im Miniaturformat haben nun Mark Miskin von der Cornell University und sein Team entwickelt. Jeder dieser Mikro-Bots besitzt einen nur 70 Mikrometer breiten Rumpf – das ist dünner als ein menschliches Haar. Die Mikro-Roboter sind damit klein genug, um beispielsweise mit einer Spritze in menschliche Gewebe injiziert zu werden. „Wir haben festgestellt, dass sie eine solche Injektion überleben – sie sind danach noch immer intakt und funktionsfähig“, berichtet Miskin.
Der Rumpf der Mikro-Roboter besteht aus einem hauchdünnen Glasrahmen, der eine dünne Siliziumschicht mit eingeätzten Schaltkreisen und zwei bis vier winzige Solarzellen trägt. „Mithilfe dieser eingebetteten Silizium-Photovoltaik können diese Roboter drahtlos mit Strom versorgt und kontrolliert werden“, erklären Miskin und sein Team. Der Rumpf ist damit sowohl Gehirn als auch Antriebseinheit der Mikro-Bots.
Krabbeln auf Bimetall-Beinen
Bewegen können sich die Mikro-Roboter mit Hilfe von vier Beinen, die jeweils aus einem Bimetallstreifen aus Platin und Titan bestehen. Die nur wenige Nanometer dünne Platinschicht wird dafür auf das Titan aufgedampft. Diese Metallbeinchen sind dadurch nur 100 Atomlagen dick, aber extrem stabil. „Sie können einen Körper tragen, der rund 8.000 Mal mehr wiegt als jedes dieser Beine“, sagt Miskin.
Der Clou aber ist ihre Funktionsweise: Erhalten diese Beine von der Solarzelle Strom, dehnt sich das Platin aus, während das Titan fest bleibt. Als Folge krümmt sich das Bein. Stoppt die Stromzufuhr, entspannt sich der Bimetallstreifen und wird wieder gerade. Die winzigen Roboter können so nur von Licht angetrieben vorwärtskrabbeln. „Für diese Bewegung benötigen die Aktuatoren nur 200 Millivolt-Signale“, erklärt Miskin. „Diese neue Klasse von elektrochemischen Aktuatoren hat damit einen sehr geringen Energiebedarf bei hoher Tragfähigkeit.“
Massen-Fabrikation in Millionenauflage
Ungewöhnlich ist aber vor allem die Produktion dieser Mikro-Roboter: Sie werden nicht einzeln zusammengebaut, sondern gleich in Massen aus einem Silizium-Wafer gefertigt. Die Forscher haben dafür ein mehrschrittiges Nano-Fabrikations-Verfahren entwickelt, das auf gängigen Methoden der Halbleiterindustrie basiert. Innerhalb weniger Wochen entsteht so aus einer zehn Zentimeter großen Siliziumstück eine Armee von einer Million Mikro-Robotern.
„Wir präsentieren damit einen neuen Ansatz für die Herstellung von Robotern in Zellgröße, die in Massen produziert werden können und dennoch die volle Leistung der siliziumbasierten Informationstechnologie tragen“, sagt Miskin. „Wir nutzen einfach die von der Halbleiterindustrie entwickelte Technologie, um winzige Roboter herzustellen.“
Bald auch mit Magnet- oder Ultraschall-Antrieb
Miskin und sein Team arbeiten bereits an erweiterten Versionen ihrer Mikro-Roboter, die zusätzliche Sensoren und Controler tragen, um sie noch intelligenter“ und vielseitig einsetzbarer zu machen. Zudem sollen künftige Mikro-Bots auch mit anderen Energiequellen als Licht angetrieben werden können – beispielsweise Magnetfeldern oder Ultraschall.
Der Vorteil: Diese Felder dringen weiter in den menschlichen Körper oder andere Medien ein als Licht. Damit könnten die Roboterwinzlinge dann auch in dunklen Umgebungen oder in tieferliegenden Organen des Körpers aktiv werden. (APS March Meeting, presentation V64.5)
Quelle: American Physical Society