Physik

Die Raumzeit ist symmetrisch

Atomuhren-Experiment bestätigt eine Kernaussage von Einsteins Relativitätstheorie

Raumzeit
Licht und Teilchen reagieren unabhängig von ihrer Ausrichtung zur Raumzeit - diese Vorhersage Einsteins bestätigt nun ein Experiment. © Design Cells/ iStock.com

Einstein behält Recht: Selbst kleinste Elementarteilchen reagieren unabhängig von ihrer Raumzeit-Orientierung – wenn alle anderen Bedingungen gleich sind. Diese Kernaussage der Speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein hat nun ein Experiment mit zwei optischen Atomuhren bestätigt. Obwohl die Uhren senkrecht zueinander standen, entwickelte ihre Frequenz bis zu einer Messgenauigkeit von drei Trillionsteln keine Abweichungen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Albert Einstein veröffentlichte seine Relativitätstheorie schon vor mehr als 100 Jahren. Doch bisher ist es keinem Test gelungen, ihre Gültigkeit zu widerlegen – ob bei der Krümmung der Raumzeit, der Zeitdehnung, dem Äquivalenzprinzip oder der lokalen Positionsinvarianz. Auch eine Kernaussage der Speziellen Relativitätstheorie, die sogenannte Lorentztransformation, hat bisher allen Tests standgehalten. Nach dieser ist nicht nur die Lichtgeschwindigkeit in alle Richtungen gleich, auch auf andere Prozesse wirkt die Raumzeit symmetrisch, sofern die restlichen Bedingungen gleich sind.

Gibt es vielleicht doch Abweichungen?

Doch inzwischen gibt es quantenphysikalische Modelle, die vor allem bei hohen Energien Abweichungen von der Lorentztransformation vorhersagen. Sollte dies stimmen, dann müssten einige Elementarteilchen je nach Richtung Unterschiede in ihrem Verhalten zeigen. „Moderne Tests von Einsteins Relativitätstheorie versuchen daher, bisher unentdeckte Verstöße gegen die Lorentzsche Symmetrie zu messen“, erklären Christian Sanner von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig und seine Kollegen.

Bisher jedoch konnte kein Test innerhalb seiner jeweiligen Messgrenzen Abweichungen feststellen – weder bei Atomkern-Bausteinen wie Neutronen und Protonen, noch bei Photonen oder Elektronen, wie die Forscher berichten. Moderne Atomuhren ermöglichen es inzwischen jedoch, die fundamentalen Symmetrie-Eigenschaften der Raumzeit genauer als zuvor zu überprüfen. Deswegen haben Sanner und sein Team nun Einsteins Relativitätstheorie erneut auf die Probe gestellt.

Ytterbium-Ionen im Gleichtakt

Für ihr Experiment verglichen die Physiker sechs Monate lang das „Ticken“ von zwei optischen Ytterbium-Atomuhren. Im Zentrum dieser Uhren steht ein Ytterbium-Ion, dessen Elektronen im angeregten Zustand stärker in eine Richtung schwingen. Die Forscher richteten die Uhren nun mithilfe von Magnetfeldern so aus, dass die Wellenfunktionen der Elektronen bei beiden Ytterbium-Ionen senkrecht zueinander standen.

Atomuhr-Experiment
Zum Schwingen gebrachte Ytterbium-Ionen bleiben im Gleichtakt, auch wenn die Wellenfunktionen ihrer Elektronen (gelb) senkrecht zueinander stehen. © PTB

Der Clou dabei: Wirkt die Raumzeit auf diese Uhren-Ionen symmetrisch, müssen ihre Schwingungsfrequenzen unabhängig von ihrer räumlichen Orientierung gleich bleiben. „Wenn es Verstöße gegen die Lorentzsche Symmetrie gibt, dann müssten sie zu periodischen Frequenzabweichungen zwischen beiden Uhren führen, während die Erde rotiert und um die Sonne kreist“, erklären die Physiker. Sechs Monate lang verglichen sie deshalb die Frequenzen beider Atomuhren alle 2,36 Sekunden – insgesamt rund 1,7 Millionen Mal.

Keine Indizien für einen Verstoß

Das Ergebnis: Obwohl die optischen Atomuhren jede Veränderung bis auf Trillionstel Sekunden genau registrieren, gab es keine Abweichungen. „Wir finden keine überzeugenden Belege dafür, dass irgendeiner der Vergleichsparameter von Null abweicht“, berichten Sanner und seine Kollegen. Über die gesamte Messzeit hinweg liefen beide Atomuhren präzise im Gleichtakt – die Messgrenze dafür lag unterhalb von drei Trillionsteln, so die Physiker.

Damit haben die Forscher die Lorentztransformation für Elektronen nun hundertfach genauer überprüft als alle bisherigen Messungen. „Aus dem Fehlen von Modulationen bis auf die Ebene von 10-19 hinunter schließen wir für Verstöße gegen die Lorentzsche Symmetrie auf strenge Grenzen in Größenordnungen von 10-21„, konstatieren Sanner und sein Team. Diese Präzision könne künftig dabei helfen, Theorien der Quantengravitation auf die Probe zu stellen.

Damit scheint klar: Einsteins Theorie hat mal wieder Recht behalten und auch diesen Test mit fliegenden Fahnen bestanden. (Nature, 2019; doi: 10.1038/s41586-019-0972-2)

Quelle: Physikalisch-Technische Bundesanstalt

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