Ein Team von Astronomen hat eine Galaxie entdeckt, die ungefähr eine Milliarde Mal weniger hell ist als unsere Milchstraße und damit wahrscheinlich die dunkelste ihrer Art. Sie enthält zwar nur wenige sichtbare Sterne, hat aber die tausendfache Masse – eine Indiz dafür, dass die Galaxie vorwiegend aus dunkler Materie besteht. Das berichten die Forscher im „Astrophysical Journal“.
Die Galaxie mit Namen Segue 1 gehört zu den rund zwei Dutzend kleinen Satellitengalaxien, die unsere Milchstraße umkreisen. Sie sind so lichtschwach und enthalten so wenige Sterne, dass sie ursprünglich nur für Sternenhaufen gehalten wurden. Doch die neuen Untersuchungen eines Astronomenteams unter Leitung von Marla Geha, Assistenzprofessorin für Astronomie an der Yale Universität, haben dies nun wiederleget. Die Forscher analysierten das Licht von rund der Hälfte dieser „Zwerge“ mithilfe des Keck Teleskops auf Hawaii und wiesen eindeutig nach, dass es sich in der Tat um echte Galaxien handelt – wenn auch sehr schwache.
Masse-Differenz verrät dunkle Materie
Die eigentliche Überraschung erlebten die Forscher jedoch, als sie die Masse der Zwergengalaxien ermittelten. Ausgehend von ihrer geringen Sternenmenge hatten sie mit entsprechend geringen Massen gerechnet, wurden aber eines Besseren belehrt: Die Galaxien waren zwischen 100 und 1.000 Mal massereicher als erwartet. „Ich bin ganz aufgeregt über dieses Objekt”, erklärt Geha. „Segue 1 ist das extremste Beispiel für eine solche Galaxie, die nur ein paar hundert Sterne enthält aber trotzdem eine relativ große Masse hat.“
Nach Ansicht der Forscher muss dunkle Materie die Differenz zwischen der sichtbaren Materie – den Sternen – und der Gesamtmasse ausmachen. Dieser noch immer geheimnisvolle Materietyp sendet weder Licht aus noch absorbiert er es, so dass seine Anwesenheit nur indirekt, durch die Schwerkraftwirkungen auf die sichtbare Materie, ermittelt werden kann. Wissenschaftler schätzen, dass mehr als 85 Prozent der Gesamtmasse im Universum durch dunkle Materie abgedeckt wird.
Vorstoß in neue Dimensionen
Die Entdeckung und Erforschung von ultra-lichtschwachen Galaxien wie Segue 1, die so reich an dunkler Materie sind, liefert den Astronomen wertvolle Informationen darüber, wie sich Galaxien entwickeln. „Diese Zwergengalaxien verraten uns eine ganze Menge über die Bildung von Galaxien“, erklärt Geha. „Verschiedene Theorien dazu prognostizieren beispielsweise unterschiedliche Verhältnisse von Zwergengalaxien zu großen Galaxien. Deshalb ist auch der Vergleich der Anzahlen wichtig.“
Erst vor kurzem, mithilfe von Kartierungsprojekten wie dem Sloan Digital Sky Survey, haben Astronomen herausgefunden, wie häufig solche Zwergengalaxien sind. Allein in den letzten Jahren hat sich die Zahl der bekannten Satellitengalaxien der Milchstraße dadurch verdoppelt. Nach Ansicht von Geha werden aber weitere Entdeckungen folgen: „Die Galaxien, die ich jetzt als hell betrachte, galten früher als die dunkelsten, die wir kannten“, so die Forscherin. „Es ist ein völlig neues System, eine Geschichte, die gerade erst beginnt.“
(Yale University, 19.09.2008 – NPO)