MRT im Mikromaßstab: Durch winzige Fehlstellen im Kristallgitter lässt sich ein Diamant zum hochsensiblen Quantensensor machen – und kann dann sogar als Kernspin-Tomograf fungieren, wie ein aktuelles Experiment belegt. In diesem nutzten Forscher eine solche Diamantschicht, um die Bewegung von Wassermolekülen in mikrofeinen Kanälchen sichtbar zu machen. Damit eröffnet das Diamant-MRT neue Möglichkeiten, Bewegungen und Strukturen auf der Ebene einzelner Zellen abzubilden, wie das Team in „Science Advances“ berichtet.
In Forschung und Medizin ist die Kernspinresonanz eine wichtige bildgebende Methode – eingesetzt beispielsweise in der Magnetresonanztomografie (MRT). Das MRT-Gerät erzeugt ein starkes, wechselndes Magnetfeld, das die magnetischen Spins der Wasserstoffatome im Körper beeinflusst und zum Schwingen bringt. Wenn die Atome dann wieder in ihren Grundzustand zurückpendeln, geben sie Energie ab, die im MRT sichtbar gemacht werden kann. Da sich die Wasserstoffatome in unterschiedlichen Geweben jeweils auf eine bestimmte Art und Weise verteilen, können Organe, Gelenke, Muskeln oder Blutgefäße unterschieden werden.
Allerdings: Bisher ist die räumliche Auflösung der Kernspin-Tomografie begrenzt: „Die bisherigen NMR-Verfahren liefern zwar gute Ergebnisse, um etwa auffällige Prozesse in Zellverbänden zu erkennen“, erklärt Seniorautor Dominik Bucher von der Technischen Universität München. „Wenn wir aber zum Beispiel die Mikrostrukturen innerhalb der Zellen aufklären wollen, brauchen wir neue Ansätze.“
Gitterfehlstellen im Diamant als Quantensensoren
Einen solchen Ansatz haben Bucher und sein Team nun entwickelt – mithilfe des Diamants. Dieser ist nicht nur ein begehrter Edelstein, er eignet sich auch als Hightech-Material. Enthält sein Kohlenstoffgitter bestimmte Fremdatome wie beispielsweise Stickstoff, erzeugt dies spezielle quantenphysikalische Effekte. Genau dies haben die Forscher genutzt: Sie dotierten Diamant mit Stickstoff und lösten dann mithilfe von Elektronenbestrahlung einzelne Kohlenstoffatome aus dem Kristallgitter heraus.
Dadurch entstehen neben den Stickstoff-Fremdatomen liegende Gitterlücken, sogenannte NV-Fehlstellen. Von diesen ist bekannt, dass sie als Quantensensoren agieren können, indem sie beispielsweise als Reaktion auf Magnetfelder angeregt werden und fluoreszieren. Das lässt sich auch für die Kernspinresonanz nutzen: „Das MRT-Signal der Probe wird dabei in ein optisches Signal umgewandelt, welches wir dann mit hoher räumlicher Auflösung detektieren“, erklärt Bucher.
Test mit Mikrofluid-Kanälen in Zellgröße
Das Entscheidende dabei: „Anders als bei den makroskopischen MRT-Geräten ermöglicht ein solcher NV-Sensor die lokale Detektion der Kernspinresonanz-Signale auf einer Längenskala, die dem Diffusionsweg nur eines Wassermoleküls in der Zeit der Anregung entspricht“, erklären die Forscher. „Durch diese überragende Lokalisierung und hohe Sensitivität für mikroskalige Probenvolumen ist die NV-NMR ein vielversprechendes Werkzeug, um beispielsweise die Diffusion innerhalb von Mikrostrukturen zu untersuchen.“
Wie hoch die Auflösung eines solchen Diamant-MRT-Sensors ist, haben Bucher und sein Team in einem Experiment getestet. „Als Modellsystem verwendeten wir Mikrofluid-Chips, bei denen die NV-Diamantschicht den Boden der mikrofluidischen Kanälchen bildet“, erklären sie. Durch die nur 40 bis 80 Mikrometer dicken Kanälchen fl0ss eine Testflüssigkeit in verschiedenen Geschwindigkeiten und sollte vom Diamant-NMR erkannt und kartiert werden. Mittels Magnetfeld und Laser fungierten die Forscher die Diamantschicht dafür in einen Kernspin-Sensor um.
Wasserfluss in Zellgröße sichtbar gemacht
Es zeigte sich: Der Diamant-Quantensensor war präzise genug, um die Bewegung der Wassermoleküle in den feinen Kanälchen sichtbar zu machen. „Die Fähigkeit der NMR und MRT, die Beweglichkeit der Atome und Moleküle direkt zu erfassen, macht sie absolut einzigartig im Vergleich zu anderen bildgebenden Methoden“, sagt Koautor Maxim Zaitsev von der Universität Freiburg. „Nun haben wir eine Möglichkeit gefunden, ihre Auflösung erheblich zu verbessern.“
In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden die Methode weiterentwickeln, um Mikrostrukturen in einzelnen lebenden Zellen, Gewebeschnitten oder die Ionendiffusion von Batteriematerialen in Dünnschichtfilmen zu untersuchen. (Science Advances, 2023; doi: 10.1126/sciadv.adh3484)
Quelle: Technische Universität München