Chemie

Ein Pulver als Wasserstoff-Anzeiger

Mikropartikel machen unsichtbares Wasserstoffgas durch Farbumschlag sichtbar

Wasserstoff
Wasserstoff ist hoch entzündlich, aber geruchlos und unsichtbar – umso wichtiger sind gute Sensoren. © bentrussell/ Getty images

Ein verblüffend simples Konzept könnte das hochentzündliche, aber schwer detektierbare Wasserstoffgas sichtbar machen: Forscher haben ein Mikropulver entwickelt, das in Gegenwart von Wasserstoff in zwei Stufen seine Farbe wechselt – ohne Strom, aufwendige Sensortechnik oder ähnliches. Bei einem ersten Kontakt mit dem Gas wird es pink, bei weiterer Exposition farblos. Das ermöglicht es beispielsweise, Gaslecks in Echtzeit aufzuspüren.

Wasserstoff gilt als wichtiger Energieträger der Zukunft. Denn das Gas lässt sich zur Stromgewinnung, zum Heizen und als Kraftstoff für Antriebe nutzen – und bei der Verbrennung entsteht nur Wasser. Der Umgang mit Wasserstoff ist jedoch nicht ungefährlich, denn das Gas ist leicht entzündlich und kann bei Kontakt mit Sauerstoff zu einer Explosion führen. Die dramatischen Folgen zeigte die 1937 der Brand des Zeppelins „Hindenburg“ oder kürzlich die Explosion einer Wasserstofftankstelle in Norwegen.

Farbumschlag
Farbumschlag des Sensorpartikels: Der erste Kontakt ändert die Farbe irreversibel von violett zu pink, weitere Exposition entfärbt den Suprapartikel – aber nur, solange das Gas präsent ist.<span

Suprapartikel aus drei Komponenten

Umso wichtiger ist es, Wasserstofflecks in Leitungen oder Transportbehältern rechtzeitig zu erkennen. Eine einfache und überall nutzbare Methode dafür haben nun Jakob Reichstein von der Universität Erlangen-Nürnberg und seine Kollegen entwickelt. Kern des neuartigen Wasserstoffsensors sind Mikropartikel, die auf die Präsenz von Wasserstoff mit einem Farbumschlag reagieren. Sie machen das unsichtbare, geruchslose Gas für das bloße Auge sichtbar – ohne dass dafür Strom und komplexe Messgeräte nötig wären.

Möglich wird dies durch eine spezielle Zusammensetzung und Struktur dieser Suprapartikel. Sie bestehen aus drei Komponenten: Silikat-Nanopartikel bilden ein poröses Gerüst, in dessen winzigen Hohlräumen Gas und eine Lösung des Indikator-Farbstoffs Resazurin zirkulieren können. Die dritte Komponente bilden Gold-Palladium-Nanopartikel, die als Katalysatoren für die Wasserstoff-induzierten Umschlagsreaktion des Farbstoffs dienen.

Farbumschlag in zwei Stufen

Kommt nun das Pulver mit Wasserstoffgas in Kontakt, erfolgt innerhalb von nur einer Sekunde der erste, irreversible Farbumschlag: Das normalerweise violett gefärbte Resazurin reagiert mit Wasserstoff zu Resofurin und verfärbt sich dabei pink. Diese Reaktion ist irreversibel und dient damit als erster und anhaltender Warnhinweis, dass beispielsweise Wasserstoffgas aus einer Leitung oder einem Behälter ausgetreten ist.

Der zweite Schritt ist dagegen reversibel: Ist weiterhin Wasserstoffgas in der Umgebung präsent, entfärbt sich das pinkfarbene Resofurin und wird zu Hydroresofurin. Das Sensorpulver wird nun farblos. „Dieser farbloser Zustand hält nur so lange an, wie die Wasserstoff-Exposition bestehen bleibt“, erklären die Forschenden. Ist kein Wasserstoff mehr vorhanden, färbt sich das Mikropulver nach rund drei Sekunden wieder pink.

Echtzeit-Überwachung und Aufzeichnung zugleich

Dadurch kann das Sensorpulver Wasserstoffaustritte sowohl im Nachhinein anzeigen als auch Lecks in Echtzeit überwachen. „Diese Kombination von räumlich hochaufgelöstem Echtzeit-Monitoring mit der irreversiblen Aufzeichnung von Gaskontakt macht die Suprapartikel besonders attraktiv als Sicherheitshelfer in einer künftigen grünen Wasserstoff-Ökonomie“, konstatieren Reichstein und seine Kollegen.

Ein weiterer Vorteil: Das Pulver ist einfach anwendbar, reagiert schnell und benötigt weder eine Stromversorgung noch komplexe Messtechnik. Das bloße Auge reicht, um die Präsenz von Wasserstoffgas zu erkennen. Zudem sind die Mikropartikel vielseitig einsetzbar und können beispielsweise auch als Zusatz in Beschichtungen verwendet werden.

Das Team ist bereits dabei, ihren Partikelsensor weiter zu optimieren und seine Herstellung und Anwendung in großem Maßstab vorzubereiten. (Addvanced Functional Materials, 2022; doi: 10.1002/adfm.202112379)

Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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