Physik

Ein Quantengas aus Licht

Experiment mit komprimierten Photonen bestätigt zentrale Quantentheorien

Lichtbox
Physikern ist es gelungen, Licht in einer Spiegelbox einzufangen und in ein Quantengas zu verwandeln. (Illustration) © Julian Schmitt / Universität Bonn

Physiker haben Licht in einen Zustand gezwungen, der sonst nur von Materieteilchen bekannt ist. Sie komprimierten in einer Box gefangene Photonen, bis sich diese wie Atome verhielten – sie bildeten ein Quantengas, dessen Druckwiderstand mit der Photonendichte zunahm. Bei noch höherem Druck ging das Photonengas jedoch in einen Zustand der Quanten-Entartung über, der den Widerstand abrupt verschwinden ließ. Dies bestätigt zentrale Theorien der Quantenphysik, wie die Forscher in „Science“ berichten.

Teilchen der Materie können niemals genau dort sein, wo schon ein anderes ist. Dies bildet die Basis der meisten Wechselwirkungen von Atomen. Anders ist dies jedoch bei Licht: Weil Photonen zu den Bosonen und damit zu den Trägerteilchen der Grundkräfte gehören, interagieren sie normalerweise nicht miteinander: Lichtstrahlen können sich kreuzen, ohne sich zu behindern.

Experimente belegen jedoch, dass man Photonen unter bestimmten Bedingungen dazu bringen kann, doch miteinander zu wechselwirken. Licht nimmt dann exotische Zustände ein, in denen Photonen sich zu Molekülen und Dreier-Gruppen verbinden. Sogar zu einer Art „Super-Photon“ in Form eines Bose-Einstein-Kondensats lassen sie sich bringen.

Mikroresonator
Herzstück des Experiments ist ein optischer Mikroresonator – eine verspiegelte Lichtfalle. © Volker Lannert / Universität Bonn

Photonen in der Spiegelbox

Jetzt haben Physiker Licht auf neue Weise in einen solchen Materie-ähnliche Zustand gebracht – und damit erstmals einige entscheidende Theorien der Quantenphysik bewiesen. Für ihr Experiment nutzten Erik Busley und seine Kollegen von der Universität Bonn eine Art Box aus zwei Spiegeln, deren nanostrukturierte Oberfläche einen rund 80 Mikrometer kleinen Käfig bildete. Über einen Laser werden nun Photonen eingestrahlt.

Das Licht wird von den beiden Spiegeln so reflektiert, dass sich die Photonen zwar senkrecht, aber kaum mehr seitlich bewegen können. Dadurch beginnt ihr Verhalten, dem eines Materieteilchen zu gleichen – die Photonen meiden einander. Um die Lichtteilchen in dieser Boxfalle gleichmäßig zu verteilen und auf einer Temperatur zu halten, gaben die Forscher zudem spezielle Farbstoffmoleküle hinzu, die bei Anregung weitere Photonen der gewünschten Energie abgaben.

Ein Quantengas aus Licht

Das Ergebnis ist ein Gas aus Licht – eine Ansammlung von Photonen, die sich wie die Atome in einem normalen Gas verhalten. Die Photonen gehen einander aus dem Weg und setzen einer Erhöhung ihrer Dichte einen Widerstand entgegen. Der Effekt ist ähnlich wie beim Aufpumpen eines Reifens: Je voller er wird, desto mehr Kraft muss man aufbringen. Ähnlich war es beim Lichtgas: Je mehr Lichtteilchen in der Spiegelbox waren, desto schwieriger wurde es, sie zusammenzupressen.

„Damit ist es uns zum ersten Mal gelungen, ein homogenes Quantengas aus Photonen zu erzeugen“, sagt Busley. Ein solches Photonengas eröffne ganz neue Möglichkeiten, die Eigenschaften des Lichts zu untersuchen, erklären die nicht an der Studie beteiligten Physiker Richard Fletcher und Martin Zweierlein vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).

Degenerierte Photonen verlieren ihren Widerstand

Doch das war noch nicht alles: In ihrem Experiment gelang es dem Physikerteam auch, eine wichtige theoretische Vorhersage zu solchen Quantengasen aus Licht erstmals experimentell zu belegen. Als sie die Dichte der Photonen in der Box weiter erhöhten, veränderte sich das Verhalten des Lichtgases abrupt: „Bei Dichten von mehr als einem Photon pro Quadratmikrometer beobachteten wir einen scharfen Anstieg der Komprimierbarkeit“, berichten die Forscher.

Ab dieser Schwelle verschwand der Widerstand und das Lichtgas ließ sich fast ohne weiteren Energieaufwand weiter komprimieren. „Dieser Effekt ergibt sich aus den Regeln der Quantenmechanik“, erklärt Seniorautor Julian Schmitt. Demnach kommt es bei starker Annäherung der Photonen zu einer quantenphysikalischen „Entartung“. Durch diese wird es möglich, dass sich die von der Heisenbergschen Unschärfe geprägten Aufenthaltsorte der Lichtteilchen teilweise überlappen.

Theorien bestätigt

Die Ergebnisse des Experiments bestätigen damit die Vorhersagen zentraler Theorien der Quantenphysik. „Für ein optisches Quantengas wurden die Komprimierbarkeit und diese Zustandsgleichung bisher noch nie dokumentiert“, konstatieren Busley und seine Kollegen. Mithilfe ihrer Spiegelbox ist es ihnen zudem gelungen, die Lichtteilchen in ein Bose-Einstein-Kondensat zu bringen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten der Manipulation von Licht. (Science, 2022; doi: 10.1126/science.abm2543)

Quelle: Universität Bonn

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