Aus den Lichtsignalen weit entfernter Galaxien und Sterne können Astronomen ableiten, dass das Weltall nicht statisch ist, sondern sich kontinuierlich ausdehnt. Neuesten Messungen zufolge vollzieht sich diese Expansion sogar beschleunigt. Doch diesen Schlüssen liegen Modelle zugrunde, die noch längst nicht bewiesen sind. Die Technik ließ eine präzise Geschwindigkeitsbestimmung von Sternen und anderen Himmelskörpern nicht zu – bis jetzt. Denn nun hat ein internationales Wissenschaftlerteam am VTT-Sonnen-Teleskop auf Teneriffa einen neuen „Tacho“ getestet, mit dem Geschwindigkeitsänderungen stellarer Objekte mit bisher unerreichter Genauigkeit von rund neun Metern in der Sekunde ermittelt werden können.
Bei dem neuen Verfahren wird erstmals die Frequenzkammtechnik, für deren Entwicklung Professor Theodor W. Hänsch 2005 den Nobelpreis für Physik bekam, zur Kalibrierung von Spektrographen eingesetzt. Durch weitere Verbesserungen der Technik ist es nach Angaben der Forscher sogar möglich, Genauigkeiten von Zentimetern pro Sekunde zu erreichen. Damit können nicht nur die Thesen von der beschleunigten Ausdehnung des Weltalls überprüft, sondern auch erdähnliche extraterrestrische Planeten nachgewiesen werden. Das Team aus Astronomen (European Southern Observatory Garching, Centre for Astrophysics and Supercomputing Swinburne University Australien, Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik Freiburg) und Quantenphysikern (Max-Planck-Institut für Quantenoptik, Menlo Systems) berichtet über seine Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Science“.
„Rotverschiebung“ beruht auf Dopplereffekt
Bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts entdeckte der Astronom Edwin Hubble, dass die Spektrallinien im Licht weit entfernter Himmelskörper zu größeren Wellenlängen hin verschoben sind. Diese „Rotverschiebung“ beruht auf dem Dopplereffekt, hervorgerufen dadurch, dass sich die Objekte von der Erde entfernen. Dieses Phänomen kennt man beispielsweise von Sirenen: wenn sie sich nähern, wird der Ton, das heißt die Frequenz höher, wenn sie sich entfernen, werden Ton und Frequenz niedriger. Aus dieser Beobachtung schloss Hubble, dass sich das Universum unaufhaltsam ausdehnt. Verfolgt man diese Entwicklung zurück, dann ist das Weltall vor etwa 15 Milliarden Jahren bei einer Art „Urknall“ entstanden.
Im Licht der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein legen neueste Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung mit der Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) nahe, dass sich diese Ausdehnung immer schneller, das heißt beschleunigt, vollzieht. Eine geheimnisvolle „Dunkle Energie“ bewirkt im Gegensatz zu allen anderen Energieformen nicht den gravitativen Zusammenhalt des Universums, sondern treibt es auseinander. Nur eine direkte Messung der Änderung der Driftgeschwindigkeit des Weltalls erlaubt es, diese Vorstellungen zu überprüfen und damit auch einen Aussage über die Gültigkeit der experimentell nicht sehr gut belegten Allgemeinen Relativitätstheorie zu erhalten.