Technik

Eine Drohne als DNA-Sammler

Klebrige Spezialdrohne kann Proben von Umwelt-DNA aus Baumkronen gewinnen

Diese Drohne kann selbständig auf Ästen landen und dort DNA-Proben sammeln.© ETH Zürich

Fliegender Helfer: Wissenschaftler haben eine Drohne konstruiert, die auf Ästen von Bäumen landen und dort Proben von Umwelt-DNA nehmen kann. Dieses in Federn, Fell, Kot oder Tierresten enthaltene Erbgut kann dann verraten, welche Tierarten in den Baumkronen leben. Möglich wird das DNA-Sammeln durch Klebestreifen an den Seiten der Drohnen, an denen Material von den Baumästen kleben bleibt.

Wenn es darum geht, neue Arten aufzuspüren oder die Vielfalt vergangener Lebensräume aufzudecken, greifen Biologen immer häufiger auf Umwelt-DNA zurück – die Erbgutreste, die über die Haut, den Kot oder den Kadaver in die Umwelt gelangen. Selbst der Atem kann DNA-Spuren beispielsweise in der Raumluft hinterlassen. Im Boden oder im Meeresgrund kann die Umwelt-DNA sogar Millionen Jahre überdauern, erst kürzlich lieferte sie Einblick in eine einzigartige „verlorene Welt“ in der Arktis.

Das Problem jedoch: Während DNA-Proben aus Böden und Wasser meist leicht zu gewinnen sind, ist dies bei Erbgutspuren aus luftiger Höhe, beispielsweise dem Geäst der Baumkronen, schwierig. Bisher mussten Wissenschaftler dazu waghalsige Baumklettereien unternehmen.

Drohne
Ein Schutzring und Sensoren ermöglichen der Drohne das selbständige Navigieren im Geäst. © Gottardo Pestalozzi

Drohne fliegt selbständig durchs Geäst

Jetzt gibt es Abhilfe – durch einen fliegenden Helfer. Ein Forschungsteam unter Leitung von Stefano Mintchev von der ETH Zürich und der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL hat eine Drohne entwickelt, die auf Ästen von Bäumen landen und dort Proben nehmen kann. Der Quadrokopter navigiert dabei selbständig im dichten Geäst und kann selbst auf zurückfedernden, biegsamen Zweigen landen – eine echte Herausforderung. „Das Landen auf Ästen erfordert eine komplexe Steuerung“, erklärt Mintchev.

Möglich wird dies durch einen speziellen Schutzring, der die Rotoren der Drohne vor Kollisionen mit Zweigen schützt – und ihr gleichzeitig Informationen über ihre Umgebung liefert. Der horizontale Ring von 44 Zentimeter Durchmesser ist dafür mit vier senkrecht zur Ringebene laufenden Bögen kombiniert, die aus einem nachgiebigen Material bestehen und mit Sensoren bestückt sind. Der Druck des Geästs auf diese Sensorbögen verrät der Drohne, wie dicht und nachgiebig das Geäst ist.

Klebstreifen als DNA-Fallen

Um DNA-Proben von der Oberfläche der Äste und Blätter nehmen zu können, trägt die Drohne an ihrer Unterseite mehrere beidseitig klebende Sammelflächen. Außen angebrachte Klebstreifen sind zudem so lose und flexibel, dass sie den Landeast teilweise umschließen und so die Sammelfläche vergrößern. Aus dem anhaftenden Material können Biologen dann im Labor DNA extrahieren, analysieren und anhand von Datenbankvergleichen verschiedenen Organismen zuordnen.

In einem ersten Praxistest ließen Mintchev und sein Team die Drohne Proben aus den Kronen von sieben Baumarten sammeln – mit Erfolg: In dem anhaftenden Material konnten sie die DNA von 21 verschiedenen Organismengruppen nachweisen, darunter Vögeln, Säugetieren und Insekten. „Das ist ermutigend, da es zeigt, dass die Sammeltechnik funktioniert“, sagt Mintchev.

Wettbewerb im Regenwald

Im nächsten Schritt wollen die Forschenden ihre DNA-Drohne noch effizienter und schneller werden. Ihr Ziel ist es, an einem internationalen Wettbewerb für robotergestützte Artkartierungen in Singapur teilzunehmen. Dabei müssen die Drohnen und ihre Teams innerhalb von 24 Stunden in einem 100 Hektar großen Regenwaldgebiet möglichst viele verschiedene Arten erfassen. Keine leichte Aufgabe, denn der häufige Regen im Tropenwald erschwert den Flug und auch die DNA-Gewinnung.

„Wir sind daher sehr gespannt, ob sich unsere Sammelmethode auch unter extremen Bedingungen in den Tropen bewähren wird“, sagt Mintchev. Zur Vorbereitung trainieren die Forschenden bereits in einem Mini-Regenwald im Tropenhaus des Züricher Zoos. „Das hat den Vorteil, dass bekannt ist, welche Arten vorkommen. Dadurch können wir besser einschätzen, wie vollständig wir Umwelt-DNA-Spuren mit dieser Technik sammeln oder ob wir etwas verpassen“, erklärt Mintchev. (Science Robotics, 2023; doi: 10.1126/scirobotics.add5762)

Quelle: ETH Zürich

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