Nano-Gemälde, Teddybären und abstrakte Formen: Forscher haben die Fähigkeit der DNA zur Selbstorganisation für ganz neue Nanokonstruktionen genutzt. Ausgehend von nur einem kleinen Satz an verschiedenen DNA-Strängen kombinieren sich die Erbmoleküle dabei von selbst zu immer größeren Fliesen oder Boxen. Das Endresultat sind bis zu 10.000 Bausteine umfassende 3D-Figuren und Nanokunstwerke wie eine Mona Lisa im Miniaturformat.
Das Erbmolekül DNA ist durch seine vier „Buchstaben des Lebens“ – die DNA-Basen – eine geniale Konstruktion der Natur. Weil nur jeweils zwei Basen zusammenpassen, ist ein Kopieren des Codes möglich und damit auch seine Weitergabe an Tochterzellen. Die Bindung der komplementären DNA-Basen ermöglicht jedoch auch die Konstruktion ganz neuer Formen und Bauteile aus DNA. Beim DNA-Origami nutzen Forscher diese Neigung zur Selbstorganisation, um DNA-Stränge zu netzartigen Geweben, dreidimensionalen Boxen und sogar zu Nano-Robotern zusammenzufügen.
DNA-Bär und Nano-Lisa
Jetzt haben zwei Forscherteams das DNA-Origami noch einen Schritt weiter geführt: Sie entwickelten Methoden, durch die sich die DNA von selbst zu komplexen dreidimensionalen Formen oder Bildern zusammenlagert. Luvena Ong von der Harvard University und ihr Team brachten dafür bis zu 10.000 einzelne DNA-Boxen dazu, sich erst zu größeren Bausteinen, dann zu einer dreidimensionalen Bärenfigur zu organisieren.
Grigory Tikhomirov und sein Team vom California Institute of Technology erzeugten zunächst flache DNA-Fliesen, die sich dann von ihrer spezifischen Struktur geleitet zu größeren Einheiten und schließlich einem Gemälde im Miniaturformat zusammenlagerten. Mit dieser Technik kreierten sie eine Nanoversion der berühmten Mona Lisa von Leonardo da Vinci – die kleinste Mona Lisa der Welt.
Software gibt Bausteine und Reihenfolge vor
Das Prinzip dahinter: Beide Forscherteams haben eine spezielle Software entwickelt, die ausgehend von der am Ende gewünschten Form ermittelt, welche spezifischen Sequenzen die DNA-Grundbausteine haben müssen und wie viele verschiedene Sorten davon benötigt werden. Im nächsten Schritt gibt das Programm an, in welcher Reihenfolge und Kombination die immer größer werdenden Bausteine in den Reaktionsgefäßen zusammengegeben werden.
Ausgehend von dieser Bauanleitung müssen die Forscher dann nur noch die entsprechenden DNA-Stränge synthetisieren und sie in der vorgegebenen Reihenfolge mischen. „Dieser hierarchische Ansatz erlaubt es uns, aus nur einem kleinen Satz von einzigartigen Bauteilen – in diesem Fall DNA-Strängen mit speziellen Sequenzen – Strukturen mit zunehmender Größe und im Prinzip unbegrenzter Formenvielfalt zu erzeugen“, sagt Tikhomirov.
Von Fliesen und Boxen zur maßgeschneiderten Form
Die Forscher bezeichnen dieses Bauprinzip als fraktale Herstellung, weil sich die Konstruktionsprinzipien in den verschiedenen Größenordnungen wiederholen. Konkreter ausgedrückt: Die aus den DNA-Strängen entstandenen Fliesen oder Boxen kombinieren sich von selbst zu immer größeren, jeweils selbstähnlichen Fliesen oder Boxen.
Erst gegen Ende dieses schrittweisen Prozesses führen die Variationen in ihrer Struktur zur Ausprägung der jeweils gewünschten, unterschiedlichen Formen. Wie die Forscher erklären, ähnelt dieses Konstruktionsprinzip damit dem unseres Körpers. Denn auch unsere Zellen besitzen alle das gleiche Genom und die gleichen Grundbausteine, nutzen sie aber auf verschiedene Weise – und können so verschiedene Gewebe wie Nerven, Muskeln und Knochen aufbauen.
Konstruktionen so groß wie ein Bakterium
Beiden Forscherteams gelang es durch ihre Methoden, die DNA zur Selbstorganisation sehr viel größerer und komplexerer Strukturen zu bringen als bisher möglich. Ong und ihr Team erzeugten Buchstaben, Teddybären und eine Helixform aus rund 10.000 DNA-Boxen, die Nano-Gemälde von Tikhomirov und seinen Kollegen erreichten Größen von bis zu 0,5 Quadratmikrometer und fast 9.000 „Pixeln“.
„Diese Herstellungsmethode ist einfach umzusetzen und wird die Konstruktion fortgeschrittener Materialien und Nanomaschinen erleichtern“, sagen Tikhomirov und seinen Kollegen. „Diese DNA-Nanostrukturen könnten sogar die Größe eines Bakteriums erreichen.“ (Nature, 2017; doi: 10.1038/nature24655, doi: 10.1038/nature24648)
(California Institute of Technology, MIT, 08.12.2017 – NPO)