Hierfür erzeugen sie wasserabweisende mikro- und nanostrukturierte Schichten, auf denen Wasser auch bei Temperaturen unter Null Grad flüssig bleibt und sich somit erst gar kein Eis bildet. Der Grund: Die Schichten bieten dem Wasser, das gefrieren will, keine Kristallisationskeime auf der Oberfläche und es verbleibt in einem „stark unterkühlten“ – englisch supercooled – Zustand.
„Und selbst wenn das Wasser gefriert, vermindert unsere Anti-Eis-Ausrüstung die Haftung von Eis um mehr als 90 Prozent“, bestätigt Michael Haupt vom IGB die Versuchsergebnisse in der Eiskammer bei minus 30 Grad.
Hochreaktive Gasmolekülbruchstücke
Die strukturierten Schichten scheiden die Forscher mittels Plasmatechnologien auf Kunststofffolien aus schlag- und stoßfestem Polyurethan (PU) ab. Die Folie wird hierzu in eine Vakuumkammer geführt, in der ein sogenanntes Plasma die Oberfläche modifiziert. In einem Plasma werden Gasmoleküle durch Anlegen einer hochfrequenten elektrischen Spannung angeregt und fragmentiert.
„Die hochreaktiven Gasmolekülbruchstücke können nun auf der Oberfläche der Folien angekoppelt werden: es bildet sich eine Schicht“, erläutert Haupt. „Durch Optimierung verschiedener Prozessparameter wie der Art und Menge des eingesetzten Plasmagases, der Temperatur, dem Druck und der Behandlungszeit können wir sehr dünne nanostrukturierte Schichten erzeugen.“
Diese geordneten Strukturen sind nur wenige Nanometer groß, haben aber einen großen Einfluss auf die Benetzungseigenschaften: Wird Wasser auf die Folienoberfläche gebracht, zieht es sich zu einem kugelförmigen Tropfen zusammen, der dann aufgrund der nur minimalen Wechselwirkung mit der Oberfläche von ihr abgestoßen wird.
Nie wieder Flugzeuge enteisen?
Und wie kommt die Folie auf die Flugzeugtragflächen? „Wir können das entwickelte Verfahren in den industriellen Maßstab übertragen. Einer unserer Projektpartner, ein Anlagenhersteller, kann ganze Folienbahnen in großen Plasmakammern Rolle-zu-Rolle beschichten“, sagt Haupt. Und die nanostrukturierte Folie könnte dann einfach auf die Tragflächen geklebt werden. Die teure Enteisung von Flugzeugen, große Mengen an Enteisungsmitteln, vor allem aber Flugbenzin könnten eingespart und damit erhebliche Mengen CO2-Emissionen vermieden werden.
Die Einsatzgebiete sind vielfältig: Auch auf Windrädern, die aufgrund von Vereisung im Winter stehen bleiben oder unwuchtig laufen, auf Solarpaneelen, Freileitungen und Gebäudeteilen würden nanostrukturierte Oberflächen gute Dienste leisten. Darüber hinaus würde eine Anti-Eis- Ausrüstung einen erheblichen Beitrag zur Sicherheit leisten.
(Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, 28.02.2011 – DLO)
28. Februar 2011