Hat auch der Saturnmond Titan aktive Eisvulkane auf seiner Oberfläche? Daten der neuesten Überflüge der NASA-Sonde Cassini deuten darauf hin. In den Aufnahmen zeigen sich deutliche Veränderungen gegenüber früheren Bildern, die auf Cryovulkane zurückgehen könnten. Statt Lava speien diese eine superkalte Flüssigkeit.
„Cryovulkane gehören zu den faszinierendsten Phänomenen in unserem Sonnensystem“, sagt Rosaly Lopes vom Radar-Daten-Team des NASA Jet Propulsion Laboratorium. „Um das in Perspektive zu bringen: Wenn der Vesuv ein Cryovulkan wäre, hätte seine Lava die Einwohner von Pompeji tiefgefroren.“ Dass der Saturnmond Titan solche Cryovulkane besitzt, die flüchtige Substanzen wie Wasser, Ammoniak und Methan ausstoßen, vermuten die Wissenschaftler schon seit längerem. Doch bisher fehlten die Belege dafür. Schon auf früheren Vorbeiflügen hatte die Cassini-Sonde Aufnahmen des Mondes gemacht, in denen ein leichter Schleier über Oberflächenformationen mit einem Fließmuster zu erkennen war.
Veränderungen von Helligkeit und Reflektivität
Jetzt hat ein neuerlicher Überflug verräterische Veränderungen in der Helligkeit und Reflektivität in zwei bestimmten Regionen des Mondes enthüllt. „Die Daten von Cassini deuten darauf hin, dass die Oberfläche des Titans aktiv sein könnte”, so Jonathan Lunine, Wissenschaftler im Cassini-Team vom Lunar and Planetary Laboratory der Universität von Arizona in Tucson. „Das basiert auf Belegen von Veränderungen, die sich auf der Titanoberfläche zwischen den Vorbeiflügen von Cassini ereignet haben. In einigen Regionen weisen die Radarbilder auf eine Art von Vulkanismus hin.“
In einer der beiden Regionen stieg die Reflektivität steil nach oben und blieb höher als erwartet. In der zweiten stieg sie ebenfalls, fiel dann aber wieder ab. In beiden Gebieten wies Cassini gefrorenes Ammoniak nach. „Ammoniak gilt als nur unter der Oberfläche des Titans vorhanden“, erklärt Robert M. Nelson vom Jet Propulsion Laboratorium der NASA. „Die Tatsache, dass wir es zeitweise dort nachgewiesen haben, wo die Oberfläche sich am stärksten aufgehellt hat, deutet daraufhin, dass Material aus dem Inneren des Titans an seine Oberfläche befördert worden ist.“ Die Existenz von Methan-speienden Vulkanen würde auch erklären, warum die Atmosphäre des Saturnmonds sich nicht schon längst verflüchtigt hat.
Ethan-Nebel statt Eisvulkane?
Andere Forscher allerdings interpretieren die Daten deutlich anders: Sie argumentieren, dass die Identifizierung des Ammoniaks nicht gesichert sei und die Helligkeitsveränderungen auch auf Bodennebel aus Ethantröpfchen zurückgehen könnten – und damit auf atmosphärische anstatt auf geophysikalische Prozesse. Nelson hält dies jedoch eher für unwahrscheinlich. „Es bleibt zwar die Möglichkeit, dass dieser Effekt durch lokale Nebel verursacht wird, aber wenn das so wäre würden wir erwarten, dass es sich im Laufe der Zeit durch den Wind in seiner Größe ändert. Das ist aber nicht das, was wir sehen.“
Oder doch verflüssigte Eistrümmer?
Eine weitere Alternative postulieren Forscher des NASA Ames Forschungszentrums: „Ähnlich wie der Jupitermond Callisto könnte sich der Titan als relativ kalter Körper gebildet haben und damit nie genügend Gezeitenwärme bekommen haben, um Vulkanismus zu ermöglichen“, so Jeffrey Moore, Planetengeologe am Ames Forschungszentrum. „Die flussartigen Strukturen, die wir auf der Oberfläche sehen, könnten auch Eistrümmer sein, die durch Methanregen verflüssigt und dann wie Schlammströme bergab transportiert wurden.“
Welche der Hypothesen letztlich stimmt, könnten die weiteren Überflüge der Cassini-Sonde klären helfen.
(NASA, 18.12.2008 – NPO)