Chemie ist, wenn’s knallt und stinkt – nicht in Bonn: Zwei Mitarbeiter der Universität haben einen elektronische Aufpasser entwickelt, der Destillationsvorgänge vollautomatisch und rund um die Uhr überwacht.
Whiskybrenner kennen das Verfahren: Sie erzeugen nämlich in der Destille aus einer bierähnlichen dünnen Plörre mit maximal neun Prozent Alkohol das hochprozentige Nationalgetränk Schottland und Irlands. Dazu erhitzen sie die labberige Ausgangslösung, bis der Alkohol verdampft. Das Wasser mit seinem höheren Siedepunkt bleibt dagegen zurück. Der Dampf aus Alkohol und flüchtigen Aromastoffen wird in eine Kühlapparatur geleitet und kondensiert dort; dieser „Ur-Whisky“ wird anschließend weiter verarbeitet.
Destillationswächter schützt vor Überhitzung und Explosionen
Auch Chemiker nutzen die Destillation, um unterschiedlich flüchtige Flüssigkeiten voneinander zu trennen. Zum Erhitzen dient ein Wollmützen-ähnlicher Heizpilz, in dem ein Glaskolben steht. Sein heißer Inhalt wird von einem Rührwerk stetig durchgemixt. Der Dampf kondensiert an einem wasserdurchflossenen Glaskühler; das Destillat wird aufgefangen. Eine solche Destillationskolonne muss gut überwacht werden: Wenn der Kühlwasserschlauch platzt, drohen enorme Wasserschäden. Außerdem kondensiert dann der Dampf nicht mehr, sondern gelangt in den Laborraum. Wenn die komplette Ausgangslösung verdampft ist, kann die ganze Apparatur sogar überhitzen und explodieren.
„Und hier kommt unser Destillationswächter ins Spiel“, erklärt Bernhard Klöckner vom Chemischen Institut der Universität Bonn. Der elektronische Aufpasser, den er zusammen mit seinem Kollegen Achim Brähler konstruiert hat, ist ein wahrer Tausendsassa: Er überwacht die Wasserzufuhr, sperrt den Hahn, sobald ein Schlauch platzt, und schaltet die Kolonne ab. Gleichzeitig überwacht er die Kolbentemperatur und regelt den Heizpilz auf wenige Zehntel Grad genau. Auch wenn das Rührwerk im Kolben nicht mehr arbeitet, fährt der elektronische Wächter die ganze Anlage herunter – sonst kann sie ebenfalls hochgehen. Im Alarmfall kann das Gerät die Verantwortlichen sogar per Handy informieren.
Materialpreis 800 Euro
„Der reine Materialpreis beträgt 800 Euro“, so Brähler; „damit können Sie dann drei Destillationskolonnen gleichzeitig überwachen.“ Käufliche Controller kosten ein Vielfaches, leisten aber weniger. Knapp 40 Geräte sind an der Uni Bonn bereits im Einsatz; andere Hochschulen zeigen sich ebenfalls an dem elektronischen Wächter interessiert. „Eine sehr sinnvolle Sache, gerade mit Blick auf die Sicherheit der Mitarbeiter und Studierenden“, findet auch Kanzlervertreterin und Technik-Dezernentin Kristina Kornmesser und begrüßt, dass auch das Innenministerium der Landesregierung die Erfindung honoriert. Zwar nur mit 250 Euro – aber, so Kornmesser: „Die Anerkennung, die aus der Auszeichnung spricht, ist auch nicht zu verachten.“
(Informationsdienst Wissenschaft – idw – – Pressemitteilung Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 27.01.2004 – dlo)