Strom könnte zukünftig nicht nur in Großspeichern zentral, sondern auch dezentral gespeichert werden, bei den Verbrauchern zuhause – etwa direkt in Lithium-Batterien oder aber indirekt durch intelligente Stromerzeuger und -verbraucher. Regeln soll dies eine Kombination aus Soft- und Hardware, die Fraunhofer-Forscher momentan in dem Übermorgen-Projekt „Hybride Stadtspeicher“ entwickeln. Das Konzept umfasst sowohl die Strom- als auch die Wärmeerzeugung.
Der Wind bläst, die Sonne scheint, die regenerativen Energieerzeuger produzieren Strom en masse. Doch was, wenn die Menschen gerade dann wenig Strom verbrauchen? Wohin mit der Energie? Wie kann man sie speichern, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen, wenn wieder mehr Waschmaschinen, Rechner und Fernseher Strom aus den Leitungen ziehen? Forscher aus vier Fraunhofer-Instituten wollen dieses Problem künftig gemeinsam angehen: „Wir entwickeln dezentrale hybride Stadtspeicher. Überschüssiger Strom soll bei den einzelnen Kunden gespeichert und bei Bedarf wieder abgerufen werden“, erklärt Christian Doetsch vom Fraunhofer- Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen. Zu viel produzierter Strom wird dabei nicht in einem zentralen Speicher gelagert, sondern in vielen kleinen, die bei den Verbrauchern zu Hause untergebracht sind.
Wärmespeicher im Keller
Ein Beispiel sind Wärmespeicher, die mit Blockheizkraftwerken oder Wärmepumpen
gekoppelt sind, indirekt für einen Ausgleich im Stromnetz sorgen: Zentral gesteuert erzeugen sie aus Netzsicht je nach Bedarf Strom oder verbrauchen ihn. So ergeben viele einzelne kleinere Speicher mit intelligenten Stromerzeugern oder Wärmepumpen im Bereich von 5 bis 50 Kilowatt zusammen
einen Gesamt- Speicher, der im drei- bis vierstelligen Kilowattbereich liegt. Ein Beispiel für einen solchen dezentralen Energieerzeuger ist das Blockheizkraftwerk im Keller. Ist es im Haus kalt, springt es an und erzeugt Wärme, die dann durch die Heizungen strömt. Strom entsteht als Nebenprodukt, er wird ins allgemeine Stromnetz eingespeist.
Bislang sind diese Heizkraftwerke wärmegesteuert. Künftig könnten sie allerdings auch dann anspringen, wenn Strom gebraucht wird – gesteuert von einem Softwaresystem, dem FlexController. Er soll Blockheizkraftwerke, Wärmepumpen, thermische Speicher oder Brauchwarmwasserspeicher beim Kunden regeln und optimieren, sie je nach Bedarf mit Energie laden oder Strom produzieren lassen. Der Kunde merkt von alldem nichts – außer einer angemessenen Aufwandsentschädigung vom Stromanbieter am Ende des Jahres. »Wie ein solches Modell aussehen könnte und wie die Vergütung erfolgt, wird sich in Zukunft zeigen«, sagt Doetsch.
Lithium-Batterien und Emulsionen
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist die Entwicklung von Lithium- Batterien für das Wohnhaus. Sie sollen sicherer sein als herkömmliche Lithium-Batterien und die Energie – etwa aus einer Photovoltaikanlage auf dem Dach – zwischenspeichern, bis sie gebraucht wird. Zusätzlich kann diese Batterie vom FlexController angesteuert werden und auch allgemeine Energie, etwa aus Windkraftwerken, speichern.
Das dritte Thema sind kompakte Wärmespeicher. »An diesen Systemen arbeiten wir bereits. Unsere bisherigen Entwicklungen zielten jedoch darauf, die Speicher für Kälteanwendungen zu nutzen«, sagt Doetsch. Aber das Prinzip des thermischen Speichers ist dasselbe, egal ob für Wärme oder Kälte: Das
Speichermedium ist eine Emulsion von Paraffintröpfchen in Wasser. Wird diese Emulsion erwärmt, ändern die wächsernen Kügelchen ihren Aggregatzustand, das Wasser dagegen bleibt flüssig. Die Tröpfchen nehmen beim Übergang von fest zu flüssig große Mengen Energie auf. Kühlt man die Emulsion wieder ab, wird die Energie wieder abgegeben. »Der Vorteil unseres Systems liegt darin, dass die Emulsion durchgehend flüssig ist, und damit sehr hohe Lade- und Entladeleistungen ermöglicht«, erklärt Doetsch.
Der Entwicklungsstand bei den drei Teilthemen des Projekts ist unterschiedlich: Während die Forscher an den thermischen Speichern bereits seit einiger Zeit arbeiten, starten sie beim FlexController mit etwas ganz Neuem. Alle Entwicklungen sollen jedoch in etwa drei Jahren weitestgehend abgeschlossen sein, planen die Wissenschaftler.
(Fraunhofer-Gesellschaft, 11.05.2011 – NPO)