Für den Stoffwechsel von lebenden Zellen sind Enzyme von besonderer Bedeutung, sie beschleunigen und ermöglichen damit verschiedene Zellprozesse wie Atmung, Auf- und Abbau von Zellbestandteilen und Energieversorgung. Eine wichtige Rolle dabei spielt das Enzym ATP-Synthase. Forscher konnten im Jahr 2004 beweisen, dass sich das Enzym während der „Arbeit“ wie ein Motor bewegt. Nun wollen sie diese Bewegungen im Nanobereich genauer untersuchen und auf mögliche Anwendungen in der Nanotechnologie erproben.
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Die ATP-Synthase ist normalerweise in der Membran von Zellorganellen integriert. Es sorgt für den Kraftstoff der Zellen durch die Synthese aus einem Phosphat- und einem ADP-Molekül (Adenosin-di-phoshpat) zu dem energiereichen ATP (Adenosin-tri-phospat). Die Forscher der Universitäten Stuttgart und Freiburg fanden heraus, dass das Enzym dort wie ein Doppelmotor funktioniert. Es besteht aus einer Turbine im membrangebundenen Teil (Fo-Motor) und einem daran gekoppelten Schrittmotor (F1-Motor).
Doppelmotor mit Protonenantrieb
Betrieben wird der Doppelmotor mit Protonen (Wasserstoff-Ionen: H+). Beim Durchgang von Protonen von der Innenseite der Membran nach außen dreht sich die Turbine. Dabei bewirkt ein Proton eine Zehnteldrehung der Turbine, das heißt nach zehn Protonen hat sie wieder ihre Ausgangsstellung erreicht. Bei jedem Drittelkreis, den die Turbine beschreibt, dreht sich auch der Schrittmotor um ein Drittel mit und öffnet dabei eine Bindungsstelle für ein ADP- und ein Phosphat-Molekül, baut es zu einem ATP-Molekül zusammen und setzt es frei. Der Doppelmotor kann auch rückwärts laufen.
Seit 2006 versuchen die Forscher in einem Folgeprojekt die Bewegung noch besser zu verstehen. Physiker und Chemiker arbeiten gemeinsam daran, Rückschlüsse auf biochemische Parameter zu erhalten und mögliche Anwendungen in der Nanotechnologie zu erproben. Beispielsweise sollen Wirkungsmechanismen von Inhibitoren (Hemmstoffen) der ATP-Synthase untersucht werden, die wahrscheinlich einen Einfluss auf den Verlauf von Autoimmunerkrankungen haben.
Die Wissenschaftler binden das Enzym als Ganzes oder zerlegt in die beiden Teilmotoren, um an diesem immobilisierten Enzym genauere Untersuchungen durchzuführen, zum Beispiel, wie die beiden Motoren auf Steuersignale ansprechen. Zudem wollen sie das Enzym als ATP-Generator nutzen, um daran gekoppelte Nanomotoren anzutreiben.
Computer aus Diamant
Die minimalen, exakten Bewegungen des Motors möchten die Physiker der Uni Stuttgart auch für einen ganz anderen ihrer Arbeitsbereiche nutzen, dabei versuchen sie, Diamanten als kleine Prozessoren in so genannte Quantencomputer einzusetzen. Die Wissenschaftler wollen den F1-Motor der ATP-Synthase mit einem fluoreszierenden Nanodiamanten verbinden, so dass dann einerseits der Nanodiamant als Marker der Rotationsbewegungen dient, um diese genauer zu erfassen.
Andererseits wollen sie den Motor einsetzen, um den Diamanten mit einer Präzision unterhalb des Nanobereichs zu bewegen. Damit ließe sich eine Positionsbestimmung jenseits der Beugungsgrenze des Lichts, eine so genannte optische Superresolution, erzielen.
(idw – Universität Stuttgart, 18.10.2007 – DLO)