„Earthquake Early Warning Simulator“ hilft beim Katastrophenschutz
Das Fraunhofer-Institut für Informations- und Datenverarbeitung (IITB) und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), haben nun eine erste Simulation eines solchen Frühwarnsystems veröffentlicht. Der interaktive Earthquake Early Warning Simulator verdeutlicht, wie sich unterschiedlichste Informationen zu einer Lageanalyse zusammenfassen lassen. Die Wissenschaftler um Professor Eberhard Hohnecker vom Institut für Straßen- und Eisenbahnwesen der Universität Karlsruhe, den Koordinator des Projektes „EWS Transport“, entwickeln ein System, das Aussagen über die Schadensanfälligkeit, die Vulnerabilität, erlauben wird. Eine Entscheidungshilfe für den Katastrophenschutz – denn jede Sekunde zählt.

Diese Karte zeigt in farblicher Abstufung die Gefährdung der Region um Albstadt (gelber Stern) bei einem fiktiven Erdbeben der Stärke 7.8. Die roten Linien sind Bahnstrecken, bei denen die Entgleisungsgefahr während des Erdbebens zu groß ist und die für den Personen- und Güterverkehr gesperrt werden sollten. © Koordinierungsbüro Geotechnologien
Beschleunigungskarten schon Sekunden nach Bebenbeginn
Am Beispiel von über 300 fiktiven Erdbeben und fokussiert auf das Schienennetz Baden-Württembergs zeigt der Simulator, wie das Frühwarnsystem reagiert: Aus den ersten Sekunden einer an seismischen Observatorien registrierten Erdbebenwelle lassen sich die genaue Position und die Stärke des Bebens
schnell ermitteln. Anhand dieser Eckdaten werden so genannte Beschleunigungskarten erstellt, die prognostizieren, in welchen Regionen sich die Erde besonders stark bewegen wird. Neben den Messdaten werden auch geographische und geologische Daten genutzt.
Schnelle Identifizierung gefährdeter Gebiete
Basierend auf diesen Informationen können Züge in gefährdeten Regionen abgebremst werden. Nach dem Erdbeben werden die tatsächlich registrierten Höchstwerte der Beschleunigung mit Infrastrukturdaten verglichen, so dass potentiell beschädigte Bauwerke ermittelt werden können. Auf diese Weise lassen sich gefährdete Abschnitte von Bahnstrecken oder Brücken identifizieren. Ein Vorgang, der nur wenige Sekunden dauert, der aber Menschenleben retten kann.
So ist es aufgrund der Karte mit gefährdeten Infrastrukturelementen nun möglich, gezielt den Personen- und Güterverkehr auf gefährdeten Strecken zu stoppen oder Geschwindigkeitsreduzierungen zu initiieren. Auf Basis der Schadenskarte können Rettungskräfte direkt an die Stellen geleitet werden, an denen sie besonders benötigt werden.
Auch auf andere Katastrophenformen übertragbar
Die Zielgruppe des Simulators sind vor allem Wissenschaftler auf dem Gebiet der Frühwarnung. Für den Einsatz im Katastrophenmanagment muss das System entsprechend der Nutzeranforderungen der Zielgruppe erweitert werden. „Deswegen sichert die flexible service-orientierte Architektur des Simulators die Übertragbarkeit auf andere Szenarien, wie etwa den Einsatz des Systems für andere Naturkatastrophen, z.B. Hochwasser, Terrorangriffe oder den Schutz alternativer Infrastrukturen“ so Hilbring vom Fraunhofer IITB. Potentielle künftige Nutzer des Systems sind also zum Beispiel Bahnbetreiber oder Firmen mit kritischen Infrastrukturen wie chemischen Fabriken oder
Atomkraftwerken.
Ein erster Test in Kooperation mit den Geotechnologien-Projekten SLEWS und ILEWS realisiert die technische Einbindung von Diensten, die im Rahmen der Erdrutschforschung entwickelt wurden und zeigt das Potential für die Erweiterung des Simulators. Ein weiteres Ziel für die Weiterentwicklung des
Systems in potentiellen Nachfolgeprojekten ist die Anbindung an ein echtes Sensornetzwerk.
(Koordinierungsbüro Geotechnologien, 03.11.2009 – NPO)
3. November 2009