Das Deutsche GeoForschungsZentrum Potsdam GFZ berechnet aus den Daten des Schwerefeld-„Surfers“ GOCE ein eigenes, hochaufgelöstes Schwerefeld. „Die als ‚Potsdamer Kartoffel‘ bekannt gewordene Darstellung des Erdschwerefeldes wird damit um Größenordnungen genauer“, erläuterte dazu Professor Reinhard Hüttl, Vorstandsvorsitzender des GFZ.
Meeresströmungen im Visier
GOCE tastet die Erde mit einer räumlichen Auflösung von etwa 100 Kilometern ab und liefert damit wesentlich genauere Daten als alle bisherigen Satellitenmissionen zum Schwerefeld. Eines der wichtigsten wissenschaftlichen Anwendungsgebiete der GOCE-Mission wird die Untersuchung der globalen Meeresströmungen sein.
Meeresströmungen verursachen Abweichungen der Meeresspiegelhöhe von der Gleichgewichtsform des Erdschwerefeldes, die bis zu zwei Meter hoch sein können und als Meerestopographie bezeichnet werden. Die Kenntnis der Meerestopographie erlaubt Rückschlüsse auf die Ozeanzirkulationen, deren Veränderungen ihrerseits mit Klimaänderungen verknüpft sein können.
„Aus der Kombination von GOCE-Messungen mit Daten der von anderen Satelliten gemessenen Meeresspiegelhöhe wird es erstmals möglich sein, die Meerestopographie und deren mögliche zeitliche Veränderungen auf den offenen Ozeanen direkt zu vermessen“, erläutert Frank Flechtner, der am GFZ die Schwerefeldauswertung bearbeitet. Dies wird einen neuartigen Beitrag zum Wissen über die Ozeane und deren klimawandelbedingte Veränderungen darstellen.
Weitere wissenschaftliche Zielstellungen der GOCE-Mission sind die Untersuchung der Struktur der Erdkruste und der Mantelkonvektion sowie die Schaffung eines kontinentumspannenden Höhenreferenzsystems und die damit in Verbindung stehende genaue Erfassung des Meeresspiegels und das Verständnis seiner Variationen.
Extrem niedrige Umlaufbahn
Der für die Schweremessung wichtigste Sensor auf GOCE ist ein Gravitationsgradiometer, was mit GOCE erstmalig an Bord eines Satelliten geflogen wird. Um die geforderte hohe Messgenauigkeit zu erreichen, bewegt sich GOCE auf einer für Satelliten extrem niedrigen Umlaufbahn und ist deshalb mit einem Ionentriebwerk als so genannter Drag-Free-System ausgerüstet, was die auf den Satelliten wirkenden Störkräfte ausgleicht und einen Flug praktisch im freien Fall ermöglicht.
Darüber hinaus ist GOCE für die zentimetergenaue Bestimmung seiner Bahnposition mit einem GPS-Empfänger ausgerüstet: erstmalig wird damit ein in Europa hergestellter wissenschaftlicher GPS-Empfänger an Bord eines Satelliten eingesetzt.
Das GFZ, das über längjährige Erfahrungen bei der satellitengestützten Schwerefeldbestimmung verfügt, nimmt unter der Projektleitung der Technischen Universität München und gemeinsam mit Instituten aus Deutschland, Frankreich, Dänemark, Italien, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden als Kooperationspartner im Rahmen der so genannten High Level Processing Facility (HPF) an der GOCE-Datenauswertung teil.
(GFZ/Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)/TU München, 18.03.2009 – DLO)
18. März 2009