Physik

Erste Quanten-Teleportation im städtischen Netz

"Beamen" von Quanteninformationen über mehrere Kilometer städtische Glasfaser gelungen

Mittels Quanten-Teleportation lassen sich Informationen instantan übertragen - wenn auch vorerst nur in begrenztem Maße. © O'Luc/MMCD

Meilenstein auf dem Weg zum Quanten-Internet: Zum ersten Mal haben Forscher Quanten-Informationen in städtischen Glasfasernetzen teleportiert. Unabhängig voneinander gelang dies einem Team in China und einem in der Stadt Calgary. In beiden Fällen wurden Quantenzustände von Photonen über mehrere Kilometer hinweg „gebeamt“. Dies belegt, dass eine Quanten-Teleportation auch in den störungsreichen Glasfasernetzen von Städten möglich ist, konstatieren die Forscher im Fachmagazin „Nature Photonics“.

Noch sind wir vom „Beamen“ der Science-Fiction weit entfernt, doch im Reich der Quanten ist eine Teleportation bereits möglich. Das Phänomen der Verschränkung bewirkt, dass jede Zustandsänderung eines verschränkten Teilchens die gleiche Veränderung bei seinem Partner bewirkt – sofort und unabhängig von der Entfernung beider. Eine solche Teleportation von Quanteninformationen ist Forschern bereits auf einem Chip, in Glasfaserkabeln und sogar zwischen Photonen und Atomen gelungen.

All diese Versuche fanden jedoch bisher nur im Labor statt – und damit weitgehend ohne die Störeinflüsse, wie sie im normalen Telekommunikationsnetz auftreten können. Und auch die maximale Distanz, über die eine Teleportation möglich ist, wurde bisher noch kaum experimentell getestet.

Teleportation im städtischen Netz

Jetzt jedoch haben gleich zwei Forschergruppen bewiesen, dass eine Quanten-Teleportation auch quer durch Städte funktioniert – und über bis zu 30 Kilometer hinweg. Eines der Experimente führten Jian-Wei Pan von der Universität Schanghai in der chinesischen Stadt Hefei durch, das andere gelang Wolfgang Tittel von der University of Calgary im dortigen städtischen Glasfasernetz.

In beiden Experimenten gibt es nicht nur einen Sender und einen Empfänger, sondern noch eine dritte Station. Dies macht das Ganze zu einem mehrteiligen Quantennetzwerk und bildet zukünftige Kommunikationsstrukturen daher besser ab als nur das klassische Paar „Alice“ und „Bob“. In beiden Fällen nutzten die Forscher zudem Photonen der bereits für optische Übertragungen üblichen Wellenlänge von 1.500 Nanometern.

Prinzip der Quanten-Teleportation mit drei Beteiligten (A, B, C) © Debenben/CC-by-sa 4.0

Photonenaustausch zwischen Alice, Bob und Charlie

Wie aber funktioniert das Ganze konkret? Tittel und seine Kollegen erklären es so: In Calgary schickt zunächst „Alice“ Qubits in Form von Laserphotonen über 6,2 Kilometer Glasfaser an „Charlie“. Gleichzeitig erzeugt „Bob“ Paare verschränkter Photonen und schickt eines davon über elf Kilometer Kabel ebenfalls an „Charlie“.

Indem „Charlie“ nun Messungen durchführt, bricht die Überlagerung zusammen. Dadurch wechselt das von „Bob“ empfangene verschränkte Photon den Zustand und übernimmt die Eigenschaften von „Alices“ Qubits. Als Folge nimmt auch das noch bei Bob verbliebene Photon diesen Zustand an. „Mit anderen Worten: Charlies Messung führt zur Teleportation des Zustands von Alices Photon auf das von Bob“, erklären die Forscher.

„Meilenstein fürs globale Quanten-Internet“

In Calgary überbrückte diese Quanten-Teleportation mittels Glasfaserkabel immerhin rund sechs Kilometer im stätischen Netz. In Hefei gelang es Pan und seinen Kollegen sogar, ein dreiteiliges Quanten-Netzwerk über 30 Kilometer zu konstruieren. „Dieses Netzwerk ist durch aktive Stabilisierungs-Strategien gegenüber Störungen der realen Welt robust“, betonen die Forscher.

Nach Ansicht beider Teams belegen diese Experimente, dass eine Quanten-Teleportation auch unter den realen Bedingungen des Telekommunikationsnetzes möglich ist. „Dies ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem globalen Quanten-Internet“, konstatieren Tittel und seine Kollegen. Sie schätzen, dass die bisher erreichten Distanzen wahrscheinlich noch mindestens um das Zehnfache steigerbar sind.

Allerdings: Bisher ist die Menge der „gebeamten“ Informationen minimal: In China entsprach die maximale Rate gerade einmal zwei Photonen pro Stunde, in Calgary erreichten die Forscher immerhin 17 Teleportationen pro Minute und damit fast das 100Fache. Dafür ist ihr System weniger verlässlich und erlaubt nur eine begrenzte Bandbreite an Anwendungen.

Bis zu einem echten Quanten-Internet ist daher noch einiges zu tun – aber ein Anfang ist gemacht. (Nature Photonics, 2016; doi: 10.1038/nphoton.2016.180; doi: 10.1038/nphoton.2016.179)

(Nature, 20.09.2016 – NPO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Einsteins Spuk - Teleportation und weitere Mysterien der Quantenphysik von Anton Zeilinger

Skurrile Quantenwelt - von Silvia Arroyo Camejo

Top-Clicks der Woche