Nachfolger fürs Silizium? Forschende haben erstmals Computerchips hergestellt, in denen zehntausende Transistoren in mehreren Lagen übereinanderliegen – ohne den Halbleiter Silizium. Möglich wurde die Herstellung dieser monolithischen 3D-Chips durch die Verwendung der zweidimensionalen Halbleiter Molybdändisulfid oder Wolframdiselenid. Anders als Silizium erlauben diese einlagigen Materialien die Produktion dichter, mehrschichtiger Chips in einem Prozess, wie das Team in „Nature“ berichtet.
Die fortschreitende Miniaturisierung unserer Elektronik-Bauteile ist endlich – zumindest mit den gängigen Silizium-Transistoren. Sie lassen sich kaum noch weiter verkleinern. Deshalb wird weltweit nach neuen Konzepten gesucht – unter anderem in Form von neuartigen Transistoren aus Germanium, Kohlenstoff-Nanoröhrchen oder organischen Halbleitern, aber auch durch mehrschichtige Mikrochips. „Die Halbleiterindustrie setzt auf das dreidimensionale Stapeln, um ‚mehr als Moore‘ zu erreichen“, erklären Darsith Jayachandran und seine Kollegen von der Pennsylvania State University.
Der Vorteil: Mehrlagige 3D-Mikrochips weisen mehr Transistoren pro Fläche auf und ermöglichen damit eine weitere Miniaturisierung. „Indem man die Schaltkreise aufeinanderstapelt, verringert man die Entfernungen zwischen ihnen. Das verringert auch die Verzögerungen und den Stromverbrauch“, erklärt Koautor Rahul Pendurthi.
Monolithisch statt nachträglich gestapelt
Als besonders vielversprechend gelten monolithische 3D-Chips. Diese bestehen nicht aus mehreren, nachträglich übereinander gestapelten Schichten, sondern aus Transistorschichten, die direkt bei der Herstellung in einen einzigen Halbleiterblock einprägt wurden. „Die monolithische 3D-Integration bietet die höchste Verbindungsdichte und verringert die elektrostatische Kopplung“, erklären die Forschenden.
Doch beim Silizium funktioniert diese Herstellung von mehreren Transistorschichten in einem Block nicht: Während man die unteren Schichten erzeugt, würde man im oberen Teil des Siliziumwafers die zulässige Maximaltemperatur von rund 450 Grad überschreiten. Eine geeignetere Alternative könnten jedoch zweidimensionale Halbleiter-Materialien wie Graphen, Molybdändisulfid (MoS2) oder Wolframdiselenid (WSe2) sein: Sie sind nur eine Atomlage dünn, sind gut stapelbar und ermöglichen eine besonders hohe Transistor-Dichte – theoretisch.
Erstmals Transistoren in drei Schichten
Jetzt haben Jayachandran und sein Team erstmals demonstriert, dass monolithische 3D-Mikrochips aus solchen zweidimensionalen Halbleitern auch in größerem Maßstab produziert werden können. Für ihre Studie haben sie drei verschiedene 3D-Chips aus Molybdändisulfid und Wolframdiselenid hergestellt, die jeweils tausende von Transistoren pro Schicht umfassen. Die Halbleiterschichten wurden dabei nacheinander bei weniger als 180 Grad durch Dampfabscheidung erzeugt und die Transistorkomponenten mittels Elektronenstrahl-Lithografie ergänzt.
Der größte dieser monolithischen 3D-Mikrochips enthält pro Schicht bis zu 30.000 Feldeffekttransistoren aus Molybdändisulfid, wie das Team berichtet. In ersten Tests arbeiteten diese Transistoren ungeachtet ihrer hohen vertikalen Dichte weitgehend störungsfrei. Die Produktion eines solchen 3D-Chips aus 2D-Materialien im Wafer-Maßstab sei ein Novum, so Jayachandran und seine Kollegen. Auch erste Schaltkreise auf Basis dieses zweilagigen 3D-Chips haben sie bereits konstruiert.
Zusätzlich konstruierte das Team erstmals einen dreilagigen 3D-Chip, in dem Transistoren aus Molybdändisulfid und Wolframdiselenid kombiniert waren. „Unseres Wissens nach ist dies das erste Mal, das ein dreilagiger 3D-Chip demonstriert wurde“, schreiben die Forschenden.
Erster Schritt zu „mehr als Moore“-Technologien
Nach Ansicht der Wissenschaftler ebnen ihre Ergebnisse den Weg zu monolithischen 3D-Computerchips aus neuen, zweidimensionalen Halbleitermaterialien. Während es zuvor nur Versuche im Labormaßstab dazu gab, demonstrieren die nun vorgestellten 3D-Chips, dass eine Herstellung auch im Wafer-Maßstab möglich ist. Dies überbrücke die Kluft zwischen bloßer Forschung und industrieller Anwendung, so die Forschenden.
Ähnlich sieht es auch die Computerwissenschaftlerin Tania Roy von der Duke University: „Die Arbeit von Jayachandran und seinen Kollegen ist ein entscheidender Schritt zu Technologien, die auf 2D-Materialien basieren“, schreibt sie in einem begleitenden „Nature“-Kommentar. „Die Halbleiterindustrie hat nun genügend Belege dafür, dass solche 2D-Materialien ein exzellenter Kandidat für die Transistorkanäle der nächsten Generation sind.“
Auch wenn Technik und Struktur der 3D-Chips noch verbessert werden muss, spricht nach Ansicht von Roy einiges dafür, dass 2D-Halbleiter die weitere Miniaturisierung der Elektronik ermöglichen und damit „mehr als Moore“ erlauben. (Nature, 2024; doi: 10.1038/s41586-023-06860-5)
Quelle: Pennsylvania State University