Schrauben aus Licht: Forscher haben erstmals einen Laser konstruiert, mit dem sich maßgeschneidertes „Korkenzieher“-Licht direkt erzeugen lässt. Dieses superchirale Licht kann unabhängig von seinem Spin beliebige Bahndrehimpulse erhalten – dies war mit keinem der bisherigen Laser möglich, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Photonics“ berichten. Möglich wird dies durch eine nanostrukturierte Metaoberfläche im Laserinneren.
Licht ist nicht gleich Licht: Je nach Wellenlänge, Polarisation und dem Spin der einzelnen Photonen unterscheiden sich die Merkmale und Anwendungsmöglichkeiten eines Licht- oder Laserstrahls. Sogar korkenzieherförmiges Licht haben Forscher schon erzeugt und damit Daten übertragen. Dabei sorgt der sogenannte Bahndrehimpuls, englisch Orbital Angular Momentum (OAM) dafür, dass sich die Lichtwelle spiralig um die eigene Achse dreht.
Korkenzieher-Licht mit beliebiger Windungsdichte
Doch bisher konnte man dieses Korkenzieher-Licht nur mit bestimmten, vom Spin abhängigen Bahndrehimpulsen produzieren. „Die Symmetrie zwischen Spin und Bahndrehung zu durchbrechen, um beliebige Drehimpulse zu erzeugen, ist trotz großer technischer Fortschritte nicht gelungen“, erklären Hend Sroor von der University of the Witwatersrand in Johannesburg und seine Kollegen. Um das zu erreichen, bräuchte man eine Lichtquelle, bei der man die Chiralität des Lichts unabhängig einstellen kann.
Genau diese Lichtquelle haben die Forscher nun konstruiert. Es ist der erste Laser mit voller Kontrolle über den Bahndrehimpuls des Lichts schon an der Quelle, wie sie erklären. Dadurch lässt sich Korkenzieher-Licht in fast beliebiger Windungsdichte und mit hoher Reinheit erzeugen. „Dieser Laser produziert alle Bahndrehimpuls-Zustände, die zuvor bei Lasern beobachtet wurden, aber zusätzlich auch neue, nie zuvor bei Lasern beobachtete Formen des chiralen Lichts“, sagen Sroor und sein Team.
Nanosäulen manipulieren den Lichtstrahl
Möglich wird der „Lichtschrauben“-Laser durch eine nanostrukturierte Metaoberfläche im Inneren der Laserkavität. Sie besteht aus 600 Nanometer hohen rechteckigen Säulen aus Titandioxid, deren Dicke und Breite variiert. Wird nun grünes Licht der Wellenlänge 532 Nanometer durch dieses Säulendickicht geschickt, verzögern die Säulen je nach Schwingungsrichtung die Phase der Lichtwellen.
„Das Licht im Inneren der Kavität durchläuft diese Metaoberfläche mehrfach“, erklären Sroor und seine Kollegen. „Dabei werden die beiden orthogonalen Polarisationszustände des ursprünglichen Lichts in helikale Drehung mit beliebig einstellbarem Bahndrehimpuls umgewandelt.“ Wie Tests ergaben, entsteht dadurch ein hochreines Korkenzieher-Licht, dessen Bahndrehimpuls zu 92 Prozent mit dem gewünschten Wert übereinstimmt.
Zudem lassen sich mit diesem Laser erstmals auch sehr enge Lichtschrauben mit einem Bahndrehimpuls von bis zu 100 erzeugen. Das sei der höchste je von einem Laser produzierte Wert, berichten die Forscher.
Ein Schraubenzieher für Mikrobauteile
Das Spannende daran: Das maßgeschneiderte Korkenzieher-Licht eines solchen Lasers hat vielfältige Anwendungen. „Licht kann seinen Bahndrehimpuls auf Materie übertragen“, erklärt Sroors Kollege Andrew Forbes. „Man kann sich dieses Licht als einen optischen Schraubenzieher vorstellen: Statt eine Schraube mechanisch reinzudrehen, kann man sie mit diesem Licht bescheinen und sie dreht sich quasi von selbst.“ Je enger dabei die Windungen des Korkenzieherlichts, desto mehr Drehimpuls wird übertragen.
Wichtig sind solche optischen „Schraubenzieher“ vor allem im Mikrobereich, wo die mechanische Manipulation von miniaturisierten Komponenten an ihre Grenzen stößt. Die Anwendungen reichen von der Mikroelektronik und Computertechnik bis zur Biomedizin. „Beispielsweise bei einem Lab-on-a-chip kann man gedrehtes Licht nutzen, um Zellen zu sortieren, Fluidströme zu steuern oder Zentrifugen zu imitieren“, erklärt Forbes.
Vom Großen bis ins winzige Kleine
Ein weiterer Vorteil dieses Lasers sei seine Anpassungsfähigkeit: „Wir können die Ausbeute und die Größe der Metaoberfläche erhöhen um einen Laser für hohe Leistungen zu bekommen. Aber wir können das System auch so weit schrumpfen, dass es auf einen Chip passt“, so Sroor und seine Kollegen. „Damit repräsentiert unsere Arbeit einen wichtigen Schritt zur Verschmelzung der Forschungen zu Festkörperlasern mit der zu On-Chip-Geräten.“ (Nature Photonics, 2020; doi: 10.1038/s41566-020-0623-z)
Quelle: University of the Witwatersrand